Abgefallene haben im Islam kein Recht auf Leben
B O N N (23. März 2006) – In Afghanistan soll der 40jährige Abdul Rahman zum Tode verurteilt werden, weil er sich vom Islam abgewandt hat und Christ geworden ist. Europa zeigt sich überrascht und schockiert. Dabei „verordnet die Scharia (das islamische Gesetz) die Todesstrafe für Abgefallene und kann in einigen islamischen Ländern wie z. B. dem Iran, Sudan oder dem Jemen Konvertiten auch wirklich treffen“ erklärte Dr. Christine Schirrmacher vom Institut für Islamfragen.
Nach der Scharia gilt jemand, der sich vom Islam abwendet, als Abtrünniger und soll getötet werden. In Sure 4,89 heißt es:
„Und wenn sie sich abwenden (und eurer Aufforderung zum Glauben kein Gehör schenken), dann greift sie und tötet sie, wo (immer) ihr sie findet, und nehmt euch niemand von ihnen zum Freund oder Helfer!“.
Rechtlich ebenso schwer wiegt der von Muhammad überlieferte Ausspruch:
„Wer seine Religion wechselt, den tötet!“
sowie, dass Muhammad selbst einige Abgefallene zum Tod verurteilt haben soll.
Kein Menschenrecht vorbehaltlos gewährleistet
In der Kairoer „Erklärung der Menschenrechte im Islam“ von 1990 steht jeder Artikel unter dem Vorbehalt der Übereinstimmung mit dem islamischen Gesetz. Als „Gesetz Gottes“ steht es nach islamischer Vorstellung über jedem menschlichen Recht. Demnach hat ein Abtrünniger kein Recht mehr auf Leben. Die Vollstreckung der Todesstrafe – die selten per Gericht, häufiger durch Familienangehörige vollzogen wird – wird daher nicht als Verletzung der Menschenrechte begriffen. Dieses spezifische Menschenrechtsverständnis finde in der politischen Diskussion noch zu wenig Beachtung, erklärte Schirrmacher. „Es werden die gleichen Begriffe mit unterschiedlichen Inhalten verwendet“ so Schirrmacher. Religionsfreiheit nach islamischem Verständnis garantiere zwar die Freiheit eines Juden oder Christen, Muslim zu werden, aber nicht die Freiheit eines Muslims, Christ zu werden. Daher ist es für Muslime rechtlich unmöglich, ihre Religionszugehörigkeit in ihrem Paß von „Muslim“ auf „Christ“ ändern zu lassen (nur in der Türkei gibt es einige Ausnahmen.) Die Kinder von Konvertiten sind damit vor dem Gesetz wieder Muslime und genießen keine Religionsfreiheit.
Afghanische Verfassung: Gesetze nur im Einklang mit islamischem Recht
Auch die afghanische Verfassung, die europäische Politiker vor wenigen Jahren noch als großen Fortschritt auf dem Weg zu Demokratie und Menschenrechten gelobt hätten, schreibt in Artikel 3 vor, dass in der Islamischen Republik Afghanistans „kein Gesetz dem Glauben und den Bestimmungen der heiligen Religion des Islam widersprechen“ darf. Nach Artikel 119 müssen die Richter des obersten Gerichtshofs schwören, Recht und Gerechtigkeit nach den islamischen Bestimmungen zu wahren. Der zuständige Richter in Kabul hatte Rahman, der lange in Deutschland gelebt hatte und vor 15 Jahren zum Christentum konvertiert war, aufgefordert, zum Islam zurückzukehren. Rahman lehnte ab.
Präsident Karsai in der Zwickmühle
Eine Hinrichtung kann nur mit Zustimmung des Staatsoberhauptes erfolgen. Der afghanische Präsident Hamid Karsai gerät damit in eine Zwickmühle. Sollten die Richter in allen drei Instanzen tatsächlich das Todesurteil aussprechen, hängt alles an seiner Unterschrift. Karsai wird sich entscheiden müssen, ob er dem europäischen Druck nachgibt oder den religiösen Hardlinern in den eigenen Reihen. Eine andere Bestimmung, für die Europa sich eingesetzt hatte, könnte Rahman zum Verhängnis werden. Artikel 116 bezeichnet die Justiz als „unabhängigen Pfeiler“ in Afghanistan.
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