An zahlreichen Stellen spricht der Koran von der Existenz von Engeln, Sure 35 trägt sogar als Titel „Die Engel“. Zwei Engel, Michael (arab. „Mîka’il“ oder „Mîkal“) (2,98) und Gabriel (arab. „Djibrîl“) (2,97+98; 66,4) werden im Koran namentlich genannt, die islamische Überlieferung benennt zudem die Engel Israfîl, den Todesengel Izra’il und die Grabesengel Munkar und Nakir. Die vier Engel Michael, Gabriel, Israfil und Izra’il werden als „Erzengel“ bezeichnet. Darüber hinaus erwähnt der Koran namentlich nicht näher bezeichnete Engel, wie die Paradieswächter oder die Engel, die den Thron Gottes tragen. Der Glaube an die Existenz von Engeln wird im Islam als sehr wichtig eingestuft und gehört neben dem Glauben an Gott, das Prophetentum Muhammads, die Bücher (die Offenbarungen) und das Jenseits zu den fünf grundlegenden Glaubensartikeln des Islam. Der Koran bezeichnet den, der nicht an die Engel glaubt als „Abgeirrten“:
„Wer nicht an Gott, seine Engel, seine Bücher, seine Gesandten und den Jüngsten Tag glaubt, der ist weit abgeirrt“ (4,136).
Wahrscheinlich war schon im vorislamischen Arabien der Glaube an die Engel verbreitet und wurde von Muhammad – wie der vorislamische Glaube an Geister und Dämonen („djinn“) – in den Islam integriert. Gestützt wird diese Annahme durch die Tatsache, daß der Koran nichts von Gegenargumenten der arabischen Stämme gegen den Glauben an die Engel berichtet, wie es z. B. bei der Lehre vom Leben nach dem Tod und der Verantwortung des Menschen im Jüngsten Gericht der Fall ist, denn die vorislamischen Araber hielten den physischen Tod für den Endpunkt aller menschlichen Existenz.
Engel sind nach islamischer Auffassung sterbliche Wesen, sie werden jedoch auferweckt werden und ins Paradies eingehen, denn sie gehören zu den Gläubigen. Während der Mensch nach dem Koran aus Staub und Lehm (oder: Ton) erschaffen wurde und die Geister (arab. „djinn“) aus Feuer, wird die Erschaffung der Engel nicht näher dargelegt. (Nach einer Überlieferung von Muslim sind die Engel aus Licht gebildet worden.)
Der Koran unterstreicht, daß die Engel nicht Gott gleichgestellte Wesen sind, sondern Gottes Geschöpfe, die ihm dienen. Sie überbringen den Propheten die Botschaft Gottes und preisen ihn bei Tag und bei Nacht. Sie gehorchen Gott (mögliche Ausnahme: 2,102) und werfen sich in Anbetung vor ihm nieder (21,19). Die Engel können sich nicht wie die Menschen gegen Gott auflehnen, sie „haben kein Wissen“ außer dem, was Gott ihnen mitgeteilt hat (2,32). Sie stehen unter den Menschen und haben keine eigenständige Handlungsfreiheit. Die Engel sind auch beim Jüngsten Gericht gegenwärtig. Sie haben alle guten und schlechten Taten der Menschen zu ihren Lebzeiten ausnahmslos in einem Buch verzeichnet, das im Gericht geöffnet wird. Gott wird alle Menschen gemäß ihres Glaubens und ihrer in diesem Buch verzeichneten Taten richten (82,10-12).
Muslimische Theologen haben die Möglichkeit erörtert, ob die Engel sündlose Wesen seien, da ihre Hauptaufgaben im Lob Gottes, in der Überbringung der Offenbarungen Gottes und ganz allgemein im Dienst für Gott bestehen; die überwiegende Zahl muslimischer Theologen tendiert zu dieser Annahme.
Vier (nach anderen Angaben: acht) Engel tragen den Thron Gottes (69,17) im siebten Himmel (7,54) und bitten für die Gläubigen (niemals jedoch für Nichtmuslime) – Gott um Vergebung. Sure 40,7–8 scheint anzudeuten, daß die Engel für Muslime Fürsprache bei Gott einlegen können (42,5; 21,28); andere Verse betonen, daß nur Gott selbst Fürsprecher sein kann (z. B. 39,44). Die Engel sind der „oberste Rat“ und bewachen die sieben Himmel, damit die Geister und der Satan dort nicht Dinge hören können, die ihnen nicht zukommmen (37,1–9). Andere Engel sind von Gott als „Höllenwächter“ (96,18) eingesetzt (66,6), als „Schergen“ der Hölle.
Ein besonderer Engel ist der „Engel des Todes“ (32,11), der einen Menschen zur Todesstunde aufsucht, um ihn aus dem Leben „abzuberufen“ (7,37). Der Koran und die als authentisch anerkannten Überlieferungen benennen den Todesengel nicht mit Namen; in einigen eschatologischen, nicht unumstrittenen Überlieferungen wird er ‚Azra’il genannt und als der bezeichnet, der den Toten ihre Seele entzieht.
Die islamische Überlieferung fügt der koranischen Engellehre weitere Elemente hinzu. Bekannt sind z. B. die Texte, die berichten, daß jeder Mensch nach seinem Tod von den beiden furchtbaren Engeln Munkar und Nakîr nach seinem Glaubensbekenntnis befragt wird. Die Ungläubigen und alle, die es nicht sprechen können, werden von den beiden Engeln im Grab geschlagen. Dies ist einer der Gründe, weshalb ein Sterbender kurz vor seinem Tod das islamische Glaubensbekenntnis nochmals aussprechen oder es ihm ins Ohr gesagt werden soll, damit der Tote sich im Jenseits daran erinnert. Nach schiitischer Auffassung stehen die Engel ständig mit den obersten Führern der muslimischen Gemeinde, den Imamen, in Kontakt.