Türkei: Trotz Engpässen will Erdogan weitermachen

Institut für Islamfragen

Türkischer Ministerpräsident nimmt Stellung zur Krise

(Institut für Islamfragen, mk, 22.06.2005) Der türkische Ministerpräsident Erdogan gestand auf einer Konferenz in Istanbul eine Krise in Bezug auf seine Person zu. Sein Herz sei manchmal mit „Schluchzen“ erfüllt, sagte Erdogan. Doch außer seiner AK-Partei gebe es keine politische Alternative oder ernst zu nehmende Opposition. Die jetzige Krise hänge auch mit den Gruppen zusammen, die am Rande der Politik mit den Werten der Gesellschaft spielten. Alles habe seine Zeit, so Erdogan. Jetzt gelte es, geduldig zu sein und die Zeit abzuwarten. In Bezug auf die Kopftuchfrage gab Erdogan zu verstehen:

„Wer immer auch als junge oder alte (Frau) ein Kopftuch trägt oder auch keines trägt, alles seid ihr meine geliebten Herzensschwestern.“

Als AK-Partei würde da kein Unterschied gemacht und das Kopftuch nicht für politische Zwecke ausgeschlachtet. Kopftücher seien „nicht zu diskutieren, sondern zu leben“, fuhr er fort.

In Bezug auf den Islam gab Erdogan Folgendes zu verstehen: Alle Religionen seien gleichermaßen zu schützen in einem laizistischen Land wie der Türkei. Alle Religionen hätten den gleichen Stand. Die Türkei sei „mit 99% muslimischer Bevölkerung ein islamisches Land, doch kein islamischer Staat“. Das dürfe nicht verwechselt werden, so Erdogan. Weiter seien in seinem Land Christen, Juden und auch Atheisten unter den Schutz des Staates gestellt. Das zeige auch die innere Kraft des Staates. Wer in seinem (islamischen) Glauben fest sei, der brauche sich auch vor Glaubensfreiheit nicht zu fürchten, wer in seinen Gedanken fest sei, brauche sich auch nicht vor Gedankenfreiheit zu fürchten.

Quelle: www.hurriyetim.com.tr/haber/0,,sid~1@w~1@nvid~583554,00.asp

Kommentar des Islaminstitutes: Wenn von denjenigen die Rede ist, die mit den Werten des Landes „spielten“, sind offensichtlich Gruppen wie die Militärführung und verschiedene rechtsradikale und islamische Parteien gemeint. Sie alle riefen dazu auf, den christlichen Missionaren in der Türkei Einhalt zu gebieten. Genau das tat die Regierungspartei aber nicht, weil sie ja selbst diese Freiheiten zur islamischen Glaubensverbreitung wünscht. Damit wurde Erdogan politisch massiver Schaden zugefügt. Jetzt ruft er seine Anhänger erneut dazu auf, dieses politische Feingespür zu üben und die momentane kritische Situation geduldig zu ertragen, bis die Zeit gekommen sei. Es stellt sich die Frage, welche Zeit Erdogan hier meint.