Iranische Frauen kämpfen um Gleichberechtigung beim Fußball
B O N N (30. Mai 2006) – Während sich auch die iranische Nationalmannschaft auf die Fußballweltmeisterschaft vorbereitet, kämpfen iranische Frauen weiter um Gleichberechtigung – auch beim Spiel mit dem runden Leder. Passend zu Beginn des WM-Jahres plante der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinedschad, die Stadiontore erstmals seit der Iranischen Revolution von 1979 auch für Frauen zu öffnen. Doch Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei, der als geistliches Oberhaupt des Irans auch in allen politischen Fragen das letzte Wort hat, pfiff den Präsidenten zurück und erwirkte die Rücknahme der Verordnung. Frauen müssen weiter hin draußen bleiben, weil in den Augen Khameneis und seiner religiösen Mullahs Frauen als Zuschauer bei Fußballspielen gegen das islamische Recht verstoßen.
Scheich warnt vor Perversion und Nachahmung der Feinde Allahs
Das Anschauen von Sportlern mit kurzen Hosen sei unkeusch, heißt es in den Begründungen der Geistlichen. Zudem befürchtet man eine negative Beeinflussung durch die Pöbelsprache der männlichen Fans. Dagegen erhoffte sich Ahmadinedschad mehr Sittlichkeit in den Stadien durch die Anwesenheit der Frauen. Andere muslimische Gelehrte lehnen Fußball grundsätzlich ab. „Das Fußballspiel lockt zu Unverschämtheit und Perversion“ erklärt Scheich Hamoud at-Tuaijri in einem Rechtsgutachten. At-Tuaijri warnt vor einer „Nachahmung der Feinde Allahs“, das Lernen und Lehren dieses Spieles sei „klare Unwissenheit“, was im Islam mit Heidentum und Gottlosigkeit gleichzusetzen ist. Nach Ansicht des ehemaligen offiziellen Rechtsgutachters Saudi-Arabiens, Scheich Muhammad bin Ibrahim, ist das Fußballspiel mit Frevel verbunden und führt zu Parteilichkeiten und Gefahren für den Körper. Auch die saudischen Frauen können allenfalls heimlich die Spiele ihrer Nationalmannschaft verfolgen.
Sozialkritiker verfilmt Proteste vor den Stadiontoren
Derweil protestieren immer mehr iranische Frauen gegen die geschlechtliche Diskriminierung auf dem Fußballplatz. Auch der sozialkritische iranische Filmemacher Jafar Panahis widmete sich zuletzt dem Aufstand der Fußballfrauen. In seinem preisgekrönten dokumentarischen Film „Offside“ verkleiden sich weibliche iranische Fußballfans, um ihrem Team beim entscheidenden Qualifikationsspiel für die WM gegen Bahrein beizustehen. Wie in der Realität scheitern sie an den Wachposten und bezahlen ihre Fußballleidenschaft teilweise sogar mit Freiheitsentzug.
Iranische Frauen spielen mit Trainingsanzug und Kopftuch
Dabei ist die iranische Frauennationalmannschaft auf der Erfolgsspur. Bei den westasiatischen Meisterschaften in Jordanien scheiterte sie erst im Finale. Allerdings dürfen die iranischen Fußballerinen bei internationalen Begegnungen nur mit Trainingsanzug und Kopftuch spielen. Beim Testspiel gegen eine Auswahl aus Berlin-Kreuzberg durften keine männlichen Fans oder Reporter ins Stadion. Augenzeugen berichteten, dass die Kreuzberger Elf erhebliche Umstellungsprobleme wegen der Kleiderordnung hatte. Gerade bei hohen Bällen sei es zu vielen unplatzierten Kopfbällen gekommen.