Pressemeldung zum Streit um die Mohammed-Cartoons

Institut für Islamfragen

Der Westen darf Meinungsfreiheit nicht islamisch definieren

B O N N (07. Februar 2006) – Auf die Gefahr der Einschüchterung durch gewaltsamen Protest gegen unliebsame, islamkritische Presse im Westen weist die Islamwissenschaftlerin Dr. Christine Schirrmacher vom Institut für Islamfragen angesichts der aktuellen Ausschreitungen wegen der Mohammed-Karikaturen hin. Der Westen müsse aufpassen, sich mühsam erkämpfte Werte wie das Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit nicht nach islamischen Vorstellungen einschränken zu lassen. Auch Albrecht Hauser vom Islaminstitut warnte vor einer Dhimmi(Untergebenen)-Haltung im Westen. Am Ende gebe es eine Pressezensur, die ausschließlich Muslimen die Deutungshoheit über den Islam zugestehe und Nichtmuslimen die Kritik am Islam verbiete.

Ausschreitungen haben inszenierten Charakter

Zudem stellte Schirrmacher infrage, ob es ausschließlich um Verletzung religiöser Gefühle gehe. Viele Demonstrationen und Unmutsbekundungen erschienen geradezu inszeniert. Entschuldigungen aus dem Westen, wie die der dänischen Zeitung, die die Mohammed-Karikaturen veröffentlich hatte, sowie weitere um Ausgleich bemühte Stimmen europäischer Regierungen, hätten bezeichnenderweise zu keinerlei Beruhigung beigetragen. Vielmehr eskalierte die Situation in den vergangenen Tagen zunehmend, am Samstagabend wurden die dänische und die norwegische Botschaft in Damaskus in Brand gesteckt, Anfang der Woche gab es weitere Ausschreitungen in Indonesien, Afghanistan, im Iran und in den Philippinen.

Respekt vor der fremden Religion muss für alle und überall gelten

Westliche Journalisten sollten das muslimische Bilderverbot respektieren. Jedoch seien „Mord, Morddrohungen, Boykottaufrufe und Hasstiraden keine legitimen Mittel der Auseinandersetzung in einer Demokratie“ so Schirrmacher. Auch von Muslimen dürfe man sachliche und konstruktive Kritik erwarten. Respekt und Achtung vor anderen Religionen seien zu begrüßen, aber dies müsse im Gegenzug und in gleichem Maße auch für Christen und Juden und ihre Glaubensinhalte gelten – auch in islamischen Ländern. Wütende Proteste im Namen der religiösen Toleranz aus Ländern, die keine Gleichberechtigung der Religionen gewährten und in denen es häufig zu antisemitischen Äußerungen käme, seien wenig überzeugend.

Hintergrund: Strenges Bilderverbot im Islam

Auslöser der heftigen Reaktionen waren zwölf Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed in der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ aus dem Herbst 2005. Mit einiger Verzögerung erreichte die Nachricht vom dänischen „Tabubruch“ die gesamte islamische Welt. Als Reaktion auf die islamischen Ausschreitungen druckten weitere westliche Zeitungen die Karikaturen ab. Islamische Vertreter verteidigten die wütenden Proteste mit Blick auf das muslimische Bilderverbot. Demnach dürfen Gott, Engel und Propheten nicht abgebildet werden. Allah und Engel können und sollen nicht von menschlicher Hand erfaßt werden. Die Darstellungen von Propheten sind untersagt, da sie zu übertriebener Verehrung führen könnten. Das Bilderverbot soll also vor allem verhindern, daß Abbilder oder Statuen anstelle des wahren Gottes angebetet werden. Bildliche Darstellungen Mohammeds lassen sich auch innerhalb des Islam finden. So entstanden im osmanischen Reich bebilderte Biographien des Propheten. Oft, aber nicht immer, ist dabei das Gesicht Mohammeds verdeckt oder so hell erleuchtet, daß die Konturen nicht mehr erkennbar sind.