Ministerpräsident Erdogan empört über französisches Vorhaben, Leugner der Armenier-Massaker in Frankreich zu bestrafen
(Institut für Islamfragen, mk, 15.05.2006) Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erörterte am 09. Mai bei einem Treffen mit französischen Unternehmern das im französischen Parlament diskutierte Gesetz zur Bestrafung von Personen, die die Massaker am armenischen Volk zur Zeit des I. Weltkriegs auf türkischem Boden leugnen. Am 18. Mai soll darüber im französischen Parlament abgestimmt werden. Bei Verabschiedung des Gesetzes könnte eine Leugnung der Armeniermassaker mit bis zu 45.000 Euro Geldstrafe und Gefängnis geahndet werden. Erdogan sprach von einer Bedrohung der Beziehungen beider Länder. Bei dem 45-minütigen Treffen im Regierungssitz Erdogans erklärte er den Unternehmern die türkische Sicht bezüglich der Behauptungen der Armenier. Er plädierte dafür, dieses Thema den Geschichtswissenschaftlern zu überlassen und es nicht zu einem politischen Thema zu machen. Erdogan lud erneut dazu ein, die türkischen Archive zu erforschen, was aber von Armenien nicht angenommen worden sei. Erdogan bat die französischen Investoren, Einfluss auf ihre Regierung zu nehmen, da ein solches Strafgesetz der freien Meinungsäußerung zuwiderlaufe, was von ihnen positiv aufgenommen wurde.
Quelle: www.turkiyegazetesi.com/news/allnews/
Kommentar: Französischen Investoren in der Türkei geht es in erster Linie um Gewinne, nicht um diese oder jene Darstellung der türkischen Geschichte. Ihre Reaktion ist verständlich. Andererseits bleibt das Vorhaben einer Bestrafung von Leugnern der Armeniermassaker in Frankreich und die gewaltsame Durchsetzung einer Wahrheit zweifelhaft. Für die Türkei ist dieses Thema weiter mit Peinlichkeiten behaftet sowie mit persönlichem Makel, bis sie endlich auch ihre eigene geschichtliche Schuld anerkennen. Das ist für ein Volk, welches eine größere Nähe zur Schamkultur als der Westen hat, ein vielfach schwierigerer Schritt, er ist aber nicht unmöglich. Es wäre zu hoffen, dass dieses Kapitel endlich erfolgreich abgeschlossen werden kann, nicht zuletzt für ein besseres Klima für andere Minderheiten in der Türkei wie die der Kurden, Aleviten und Christen.