Türkei: Zwang zum islamischen Religionsunterricht unter Beschuss

Institut für Islamfragen

Aleviten gehen gerichtlich gegen den sunnitischen Islamunterricht vor

(Institut für Islamfragen, mk, 30.11.2006) Ein Mitarbeiter des Leiters der alevitischen Förderation, Ali Kenanoglu, klagte gegen den sunnitisch-islamischen Pflichtunterricht für seinen Sohn. In der Türkei ist bisher der Islamunterricht Pflichtfach, und zwar auch für die islamischen Minderheiten wie die Aleviten, die dem schiitischen Zweig des Islam angehören. Am 23.11.2006 habe Kenanoglu per Gerichtsbeschluss erreicht, dass sein Sohn, der seit der vierten Klasse an diesem Unterricht teilnehmen musste, nun davon befreit sei. So habe er bereits im Juli 2005 beim Istanbuler Bildungsministerium um seine Befreiung vom Unterricht gebeten. Von dort kam aber keine Antwort. Deshalb habe er sich beim fünften Verwaltungsgericht Istanbuls beschwert mit den Worten:

„Gegen den Willen des Vaters und der Mutter wird meinem Sohn gegen seine religiösen und philosophischen Überzeugungen religiöse Lehre verabreicht.“

Auch der Gouverneur habe zuvor den Vorwurf mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich beim Kläger nicht um einen Religionsangehörigen außerhalb des Islams. Damit war das Kind weiterhin zum Islamunterricht sunnitischer Prägung verpflichtet. Ein Gericht habe daraufhin am 30.12.2005 mit Berufung auf die Glaubensfreiheit diesen Beschluss des Gouverneurs aufgehoben. Dieser wiederum habe beim verantwortlichen Verwaltungsgericht die Aufhebung des Gerichtsbeschlusses verlangt. Dieses Ansinnen wurde am 23.11.2006 schließlich abgelehnt.

Quelle: www.radikal.com.tr/haber.php?haberno=205484

Kommentar: Der sunnitische und alevitisch-schiitische Islam unterscheiden sich in vielen Bereichen sehr stark voneinander. So haben Aleviten ihre eigenen Lehren, die durch sogenannte „dede“ (Älteste) bei besonderen Versammlungen außerhalb der Moschee weitergegeben werden. Frauen genießen einen viel höheren Stellenwert als bei den Sunniten, die Gültigkeit der Scharia wird bestritten. Ein separater Religionsunterricht für Aleviten würde sicher dem Frieden im Land dienlich sein.