Europa müsse weiterhin positive Kraft sein
(Institut für Islamfragen, aw, 17.03.2006) Der türkische Außenminister Abdullah Gül war zum Abschluss des zweitägigen informellen EU-Außenministertreffen in Salzburg am Samstag, den 11.03.2006 eingeladen worden. Er sprach zum Thema „Dialog der Kulturen und Religionen“.
Er rief die EU auf, vor dem Hintergrund des Karikaturen-Konflikts gesetzliche Maßnahmen gegen die Diffamierung des Islam „zu überprüfen“. In einigen Mitgliedsstaaten unterläge nur die Beleidigung von eingesessenen Glaubensgemeinschaften solchen „rechtlichen Beschränkungen“, sagte Gül laut Redetext.
„Ich möchte Sie auffordern, einen Prozess der erneuten Überprüfung Ihrer Gesetzgebung zu beginnen, um sicherzustellen, dass diese rechtlichen Beschränkungen für alle Religionen gleich gelten, einschließlich des Islam“, sagte Gül.
Es stehe nämlich nicht weniger auf dem Spiel „als der größte Vorzug der EU – nämlich ihr Prestige“. Europa dürfe nicht zulassen, dass es „Teil des Problems“ werde, sondern müsse weiterhin eine positive Kraft bei der Lösung globaler Probleme sein. Europa müsse sich endlich den bedeutenden Themen der Welt zuwenden, statt sich in global weniger relevanten Themen zu verlieren.
„Es sind Probleme wie Armut, Radikalismus, Ausländerfeindlichkeit, Anti-Semitismus und Islamophobie, die dringend der Aufmerksamkeit Europas bedürfen.“
Der türkische Außenminister sagte in seiner Rede weiter, Ankara habe sich im Karikaturen-Streit „seinen historischen Verbindungen [mit der islamischen Welt] zugewandt, um die Konfrontation abzumildern“. Er habe aber auch – wie beim OIC-Gipfel in Teheran im Jahr 2003 – seine Sorge angesichts der fehlenden guten Regierungsführung, Transparenz und Gleichberechtigung in islamischen Staaten geäußert. Doch hätten sich Ideale wie Berechenbarkeit, Transparenz, Respekt, Toleranz und Pluralismus, auf denen die Demokratie fuße, schon vor langer Zeit im Islam entwickelt. Beunruhigend sei seiner Meinung nach die derzeitige Betonung der Unterschiede zwischen Christentum und Islam.
Quelle: derstandard.at