Studie eines Forschungszentrums am Arabischen Golf über Selbstmordattentäter veröffentlicht

Institut für Islamfragen

Es wurden Motive und Umstände der Attentate und Attentäter untersucht

(Institut für Islamfragen, dh, 22.01.2008) Die arabische Online-Zeitung „alarabiya.net“ veröffentlichte im Herbst 2007 den Text eines Fernsehinterviews mit Dr. Mustafa al-‚Ani, Direktor der Abteilung für Nationale Sicherheit- und Terrorismusstudien am Forschungszentrum des Arabischen Golfes. In diesem Interwiev geht es um die Ergebnisse einer Studie zur Durchführung von Selbstmordattentaten. Die Studie behandelt den Zeitraum von April 2003 bis April 2007. Dr. al-’Ani begründete die Notwendigkeit für eine solche Studie mit dem Mangel an Verständnis für die Motive von Selbstmordattätern und dem besonderen Charakter dieser Attentate.

In dem o.g. Interview machte Dr. al-‚Ani folgende Aussagen:

Bei Attentaten handele es sich immer wieder um drei verschiedene Arten von Sprengstoffanschlägen:

  • Einige Personen sprengen sich selbst mit ihren Feind in die Luft. Sie können nur eine kleine Menge Sprengstoff am Körper tragen. Deshalb verwenden diese Angreifer hochexplosive Sprengstoffe, um damit die Wirkung zu erhöhen. Die Explosionskraft kann meist Menschen im Umkreis von 30m töten.
  • Andere Attentäter verüben ihre Angriffe mit Motorrädern. Sie können mehr Sprengstoff transportieren. Deshalb steht sich die Frage nach der Explosionkraft des Sprengstoffes nicht an erster Stelle. Bei diesen Attentaten wird in der Regel rund 10 kg Sprengstoff auf Motorrädern transportiert.
  • Wieder andere Personen verüben ihre Attentate mit Pkws oder LKWs. Hier können sehr große Mengen Sprengstoff transportiert werden. Deshalb ist die Explosionskraft des Sprengstoffes nicht von Bedeutung. Hier werden Menschen in einem Umkreis über 100 m getötet.

Der Ort des geplanten Selbstmordattentats wird 2–3 Wochen lang vor dem Attentäter untersucht, um den besten Zeitpunkt und den günstigsten Ort für das Attentat herauszufinden. Auch die Art und Weise des Attentats wird erst dann festgelegt. In manchen Fällen wird z. B. ein „Doppeltattentat“ favorisiert. Dabei kundschaften häufig Frauen die Lage aus und transportieren die erforderliche Menge an Sprengstoff zum geplanten Ort des Attentats, so dass zwei verschiedene Sprengladungen explodieren.

Frau Nicol Sterke ist im o. g. Zentrum als Wissenchaftlerin beschäftigt und nahm an der genannten Studie teil. Sie berichtete von der Instrumentalisierung der Selbstmordattentate für politische Ziele. Al-Qa’ida habe z. B. 12 Selbstmordattentate während der Wahlen im Jahr 2005 in Bagdad verübt. Das Ziel sei gewesen, die irakische Bevölkerung zu verunsichern und sie von der Teilnahme an den Wahlen abzuschrecken. Dazu verschärften die Attentate zwischen Schiiten und Sunniten die bekannten Feindseligkeiten.

Zu Beginn der Kämpfe im Irak, im Jahr 2003, sollen häufig strategische Punkte Ziele von Selbstmordattentaten gewesen sein, z. B. das strategische Zentrum der allierten Streitkräfte oder das Zentrum der UNO in Bagdad. Die Angriffe dieser Ziele brachte schnelle „Erfolge“. So wurde das Hauptquartier der UNO von Bagdad nach Jordanien verlegt. Andererseits verloren die Iraker durch die Angriffe viel Vertrauen in die Fähigkeit ihrer Regierung, der Bevölkerung Schutz zu gewähren.

Später sollen sich die Selbstmordattentate gegen Ziele gerichtet haben, die einfacher anzugreifen waren wie Märkte, Moscheen, Trauerfeiern u.a. Diese Angriffe hatten das Ziel, den Hass zwischen Schiiten und Sunniten zu vergrößern, so dass ein Bürgerkrieg entstände.
Als Opfer der Selbstmordattentate im Irak werden bis heute 6000 irakische Polizisten gezählt, mehr als 30 Politiker und rund 20.000 Zivilisten. Dadurch soll das irakische Phänomen der unzähligen Selbstmordattentate ein Vorbild geworden sein, dem man in anderen Ländern folgte.

Eine andere Forscherin des o. g. Zentrum, Frau Firial Lagari, widmete sich in der genannten Studie der Rolle der Selbstmordattentäterinnen. In Tschetchenien seien 42% der Selbstmordattentate von Frauen verübt worden. Nach Kenntnis des Forschungszentrums hätten fast alle diese Attentäterinnen Verwandte, die vom russischen Militär getötet worden waren. Dr. al-‚Ani bestätigte, dass die überwiegende Mehrheit der Selbstmordattentäterinnen genau gewusst haben soll, was für eine Tat sie ausführten, dass diese Frauen also in vollen Bewusstsein für ihr Handeln in diese Art des Jihad zogen. Er benannte den Prozentsatz der arabischen Selbstmordattentäterinnen mit insgesamt 10%. Frauen und Kinder könnten solche Attentate leichter als Männer verüben, weil sie in der Regel nicht als Gefahr betrachtet würden. Außerdem werden Frauen selten durchsucht.

Auch in Afghanistan, so die o. g. Studie, habe das irakische Vorbild Auswirkungen gezeigt. Während dort lange Jahre kaum Selbstmordattentate verübt worden waren, seien in den lezten zwei Jahren 50% der Taliban-Angriffe Selbstmordattentate gewesen. Leicht auszuführen seien die Attentate zudem, weil eine benötigte Bombe nicht mehr als 500 US Dollar koste.
Frauen wurden in der jüngsten Vergangenheit bei Attentaten von al-Qa’ida im Irak eingesetzt. Dies sei ein neues Phänomen beim Kampf al-Qa’idas. Bisher wurden dort 6-7 al-Qa’ida-Selbstmordattentäterinnen registriert. Vier Rechtsgutachten erlaubten kürzlich Frauen, daran teil zu nehmen.

Die Rekrutierung von Selbstmordattentätern geschehe im Allgemeinen auf zwei Wegen:

  • Ehemalige Kämpfer (bzw. Soldaten) werden zum Selbstmordattentäter umerzogen.
  • Personen, die bisher nicht an Kämpfen oder Kriegen beteiligt waren, werden von vornherein als Selbstmordattentäter rekrutiert. In einem Fall wurde eine Person in einem Nachbarland des Irak innerhalb von 48 Stunden rekrutiert, in den Irak transportiert und dort bei einem Attentat eingesetzt.

Al-Qa’ida verfügt über eine eigenständige Verwaltungseinheit für die Rekrutierung und die Ausbildung der Selbstmordattentäter. Diese werden in der Regel von anderen Mitkämpfern isoliert und erhalten eine gesonderte Ausbildung und Vorbereitung für ihren Einsatz.
Vor kurzer Zeit wurde ein Selbstmordattentat von einem 15-jährigen Algerier verübt. Die marokkanische Fraktion von al-Qa’ida habe mittlerweile ein Trainingscamp in den Bergen Marokkos eingerichtet. Kinder zwischen 13-16 Jahren werden in diesen Camps ausgebildet. Auch das ist eine Radikalisierung der früheren Selbstmordattentate, wenn Kinder ab 14 Jahren für Einsätze ausgebildet und dann eingesetzt werden.

Quelle: www.alarabiya.net/programs/2007/10/01/39802.html