Christen und Juden einmal anders betrachtet
(Institut für Islamfragen, mk, 24.11.2008) Der Journalist Mustafa Akyol dachte am 11.Oktober 2008 in „Turkish Daily News“ öffentlich über die Frage nach, ob Nicht-Muslime auch ins Paradies eingehen können. Er fragte sich, wie in den beiden exklusivistischen Religionen Islam und Christentum darüber gedacht wird. Überzeugte Christen, so Akyol, glauben, dass der Weg zu Gott nur über Jesus Christus möglich ist, überzeugte Muslime glauben dasselbe über Mohammed. Dieses Denken beeinflußt nicht nur die Theologie, sondern auch die Gesellschaft und Politik, so Akyol. Er als Muslim widerspricht jedoch der sonst weit verbreiteten Meinung von Muslimen, dass nur Muslime ins Paradies eingehen können. Er begründet das mit Sure 2,62:
„Diejenigen, die glaubten [d.h. die Muslime] und diejenigen, die dem Judentum angehören, und die Christen und die Sabier, -[alle] die, die an Gott und den jüngsten Tag glauben und tun, was recht ist, denen steht bei ihrem Herrn ihr Lohn zu, und sie brauchen [wegen des Gerichts] keine Angst zu haben, und sie werden [nach der Abrechnung am jüngsten Tag] nicht traurig sein.“
Akyol versteht diesen Koranvers als Beweis für die Großzügigkeit Gottes, die darin zum Ausdruck kommt, dass auch Nicht-Muslime das Paradies erlangen können. Üblicherweise verstehen Koranausleger diesen Versen dagegen so, dass Christen, Juden und Sabier erst den Islam annehmen müssen, um ins Paradies eingehen zu können. Akyol gibt jedoch zu bedenken, dass es dann ja keinen Sinn mehr machte, von ihnen als Christen, Juden und Sabiern zu sprechen.
Er führt zur Untermauerung seiner Argumente die islamische Tageszeitung „Yeni Safak“ an, die der Regierungspartei AKP nahestehen soll. Dort hatte Professor Dr. Hayrettin Karaman die gleiche Meinung wie er selbst vertreten. Nach Karaman kann man nicht erwarten, dass alle Menschen nur einer Religion angehören. Für Karaman ist es für eine Errettung im Jenseits ausreichend, wenn Christen und Juden ihren Traditionen treu bleiben und den Islam respektieren. Akyol erkennt hier einen Aufbruch in der islamischen Theologie, da seiner Auffassung nach noch vor 10 Jahren in der Zeitung „Yeni Safak“ solche Worte nicht veröffentlicht worden wären.
Quelle: www.turkishdailynews.com.tr/article.php?enewsid=117188