Der Vorsitzender der Internationalen Union der muslimischen Rechtsgelehrten beharrt auf seiner Haltung
(Institut für Islamfragen, dh, 21.10.2008) Der derzeit weltweit wohl berühmteste muslimische Rechtsgutachter und Gelehrte, Dr. al-Qaradawi, hat sich am 09.10.2008 auf seiner offiziellen Webseite www.qaradawi.net mit einem detaillierten Antwortschreiben an Dr. Ahmad Kamal Abul-Madjd gewandt. Es ist eine Reaktion auf den Vorwurf Dr. Abul-Madjds gegen al-Qaradawi, dass er zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen Hass hervorrufe.
Al-Qaradawi hatte vor kurzem warnend hervorgehoben, dass die Schiiten in sunnitisch geprägten Ländern eine Gefahr darstellten. Diese Äußerungen entfachten heftige Debatten und Proteste in den arabischen Massenmedien und Internetforen. Dr. Abul-Madjd appellierte darauf hin an Dr. al-Qaradawi, dass er dieses Thema nie wieder in der Öffentlichkeit erwähnen, sondern nurmehr unter vier Augen mit Verantwortlichen des Iran besprechen sollte.
In seinem Antwortschreiben an Dr. Abul-Madjd rechtfertigt al-Qaradawi seine Warnungen vor den Schiiten als Gefahr mit folgenden Worten:
„Einige Hindernisse stehen meinem Aufruf zum [friedlichen] Zusammenleben der verschiedenen [muslimischen] Glaubensrichtungen im Wege:
- Die Einstellung [der Schiiten] dem Koran gegenüber. Er ist Allahs Wort, das in dem Buch [arab. mushaf] niedergeschrieben wurde. Nichts kann davon weggenommen oder hinzugefügt werden. [al-Qaradawi wendet sich damit gegen die vielfach verbreitete schiitische Auffassung, dass der heutige Korantext von Sunniten verfälscht worden sei.]
- Die Einstellung den Weggefährten [Muhammads] und den Müttern der Gläubigen [Muhammads Frauen] gegenüber. [al-Qaradawi kritisiert damit die heftige schiitische Ablehnung der ersten drei sunnitischen Kalifen nach Muhammad als unrechtmäßige Herrscher.]
- Die eigene Glaubensrichtung sollte nicht mehr in den Ländern Andersgläubiger durchgesetzt werden. [al-Qaradawi verurteilt hier den Export der iranischen Revolution und die schiitische Missionstätigkeit in sunnitisch geprägten Ländern.]
- Die Anerkennung der Rechte von Minderheiten, egal, ob es sich nun um sunnitische oder schiitische Gruppierungen handelt. [al-Qaradawi deutet damit vermutlich die gesellschaftliche Benachteiligung von Nichtschiiten im Iran an.]
Ich habe diese Punkte den [schiitischen] Geistlichen mitgeteilt, und zwar in Tehran, Qum, Mashhad, Isfahan und in allen Städten, die ich besucht habe.
Ich habe jedoch festgestellt, dass das Vorhaben [der Schiiten] weiter geht, und dass diese Leute ein Ziel ins Auge gefasst haben und es unbedingt erreichen möchten. Dafür haben sie Kapital eingeplant, Männer vorbereitet und Körperschaften gegründet. Deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als die Alarmglocke zu läuten. Die Alarmglocken, Dr. Ahmad Kamal Abul-Madjd, sind nur wirksam, wenn sie laut genug sind. Sie wecken dann den Schlafenden auf und warnen den Unachtsamen… Ich wollte meine Nation warnen und mein Volk rufen. Ich wollte es vor dem herannahenden zerstörerischen Brand warnen, der sie quälen wird, falls es aus seinem Schlaf nicht aufwacht.
Wer meine Aussagen anzweifelt, soll einen Blick auf Ägypten, den Sudan, Tunesien, Algerien, Marokko usw. werfen … Man soll auch bedenken, was im Land der Himmelfahrt [Muhammads], Palästina, geschieht. Die Schiiten versuchten, dieses Land zu durchdringen. Wenige [Palästinenser] wurden [von den Schiiten] verführt. Einige Gruppenführer haben mir das mitgeteilt. Dies ist ein unverzeihliches Verbrechen, weil die Palästinenser Einheit statt Zersplitterung brauchen.“
Quelle: www.qaradawi.net/site/topics/article.asp?cu_no=2&item_no=6387&version=1&template_id=238&parent_id=237