Fatwa zur Bedeutung des Koranverses „Es ist kein Zwang im Glauben“ (Sure 2,256)

Institut für Islamfragen

Kein „Zwang im Glauben“ bedeutet nicht, den Islam verlassen zu dürfen

Von dem in Ägypten geborenen Rechtsgutachter Abi Ishak al-Huwaini, einem in arabischsprachigen Ländern sehr populären muslimischen Religionsgelehrten, Prediger und Rechtsgutachter, der in einer Fatwa von 2013 den deutsch-ägyptischen Autor Hamed-Abdel Samad aufgrund eines islamkritischen Buches mit dem Tod bedroht hatte.

(Institut für Islamfragen, dh, 05.03.2014)
Frage:

„Was bedeutet es, dass es ‚Keinen Zwang im Glauben‘ bei Muslimen gibt?“

Antwort:

„‚Kein Zwang im Glauben‘ (Sure 2,256) – ja, das ist richtig. Und ebenso: ‚Darum lass den gläubig sein, der will, und den ungläubig sein, der will.‘ (Sure 18, 29). Ja, das stimmt ebenfalls, allerdings nur unter einer Bedingung: Es gilt, solange man nicht zum Islam übertritt. Solange man kein Muslim ist, ist man frei. Keiner zwingt jemand, dem Islam anzugehören oder zum Islam überzutreten.

Wenn du Christ bist, sei ein Christ. Wenn du ein Jude bist, sei ein Jude. Wenn du irgendeiner Religion angehörst, tu dies. Aber eines muss dir klar sein: Der Islam ist eine Religion, die ihre Vorschriften und Grenzen [d.i. Strafen] hat. Eine der festen Vorschriften des Islam ist, über die alle muslimischen Religionsgelehrten sich einig sind: Wer freiwillig zum Islam konvertiert und nicht gezwungen wurde, darf den Islam nicht [wieder] verlassen. Falls er das tut, gilt für ihn die Todesstrafe.
Falls du bei Geltung dieser Vorschrift [als Summe der gesamten Vorschriften des Islam] übertreten möchtest, herzlich willkommen! Falls du es nicht möchtest [zum Islam übertreten], brauchen wir … dich nicht. Das ist die Vorschrift des Islam.

Einige propagieren die Freiheit zum Unglauben [indem sie behaupten): Ein Muslim kann ungläubig werden, er ist frei in seiner Entscheidung, denn [angeblich] gibt es keinen Zwang im Glauben. Ein Mensch [ein Muslim] braucht nicht zu beten – es gibt ja keinen Zwang im Glauben. Ein Muslim braucht keine Almosen zu geben, keine Pilgerfahrt zu verrichten und muss nicht fasten, denn es gibt ja keinen Zwang im Glauben.

Nun, welcher muslimische Religionsgelehrte hat denn das gesagt?
Gar keiner hat diese Falschheiten [falsche Auslegungen des o.g. Koranverses] je behauptet und keiner darf sie aussprechen. Diejenigen, die diese Falschheiten von sich geben, sind Betrunkene und Drogenabhängige [die unter dem Einfluss von Alkohol oder Haschisch stehen].“

Quelle: www.youtube.com/watch?v=NiJ0DT6LMSg

Kommentar (cp): Es sind solche Auslegungen einflussreicher Rechtgelehrter, die den Nährboden für Hass und Gewalt gegen Andersgläubige schaffen und eine freie, sachliche und friedliche Auseinandersetzung mit nichtislamischen Wahrheitsansprüchen im Keim ersticken. Sie stehen im deutlichen Widerspruch zu Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948: „Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln , sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.“ Dagegen verstoßen auch jene nur scheinbar gemäßigten Gelehrten, die dem Betreffenden lediglich eine innere Distanzierung zugestehen, aber jede äußerlich erkennbare Hinwendung zu einem anderen Glauben als Akt des Staatsverrats oder der politischen Rebellion kriminalisieren. Zugleich gilt es, reformorientierte Stimmen wie Abdullah Saeed oder in Deutschland Mouhanad Khorchide wahrzunehmen, die sich mit Blick auf eine Neuinterpretation von Sure 2,256 ausdrücklich für eine volle Glaubensfreiheit aussprechen und überlieferte Aussprüche und Handlungen Muhammads und der frühen Muslime, die dem wiedersprechen, als Produkte der soziopolitischen Rahmenbedingungen auf der Arabischen Halbinsel des 7. Jahrhunderts deuten.

Bitte beachten Sie, dass die (auszugsweise) Übersetzung derartiger Rechtsgutachten der Darstellung und kritischen Auseinandersetzung mit Verlautbarungen von islamischen Meinungsführern und einflussreichen rechtswissenschaftlichen Gremien dienen und keineswegs die Meinung der Internetseitenbetreiber wiedergibt.