Der „Besitz der rechten Hand“: Freie Frauen sollen sich entweder verschleiern oder sich als Sklavin bekennen

Institut für Islamfragen

Interview der ägyptischen Fernsehmoderatorin Riham Sa’id: Islamischer Gelehrter und Intellektueller Abdur-Ra’uf ‚Aun äußert sich zu seinem umstrittenen Buch zum Thema „Besitz der rechten Hand“

(Institut für Islamfragen, dh, 27.10.2015)

Riham Sa’id:

„Viele Debatten sind aufgrund Ihrer Gedanken aufgebrochen. Bevor ich darauf eingehe, möchte ich gerne wissen, über welchen theologischen Hintergrund Sie verfügen.“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„… Ich danke Allah, weil ich ein Absolvent der al-Azhar Universität bin. Ich habe sechs Jahre die Grundschule in der al-Azhar besucht. Währenddessen habe ich den edlen Koran auswendig gelernt. Daraufhin habe ich sieben Jahre lang Auslegung, Rhetorik, Rechtswissenschaft (arab. Fiqh) u. a. studiert.“

Riham Sa’id:

„Haben Sie durch selbstständige Interpretation der Rechtsquellen (des Islams; arab. ‚Idschtihad‘) oder durch Ihre Studienabschlüsse Ihr Wissen erworben?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Selbstverständlich durch Abschlüsse. Ich habe Ihnen bereits mitgeteilt, dass ich Absolvent der al-Azhar bin. Meine Noten in den theologischen Fächern waren immer fast ausgezeichnet. Mein Vater ist ebenfalls ein Absolvent der al-Azhar. …

Das Prinzip des „Besitzes der rechten Hand“ ist eine echte islamische Lehre. Sie findet sich in Allahs Buch (dem Koran), in den Lehren des Propheten Allahs (Muhammad), in der Praxis der Weggefährten (Muhammads), in der Praxis ihrer Nachfolger bis zum 19. Jahrhundert …

Ich habe erwähnt, dass der ‚Besitz der rechten Hand‘ eine echte islamische Lehre ist. Z. B. finden Sie sie im edlen Koran in Allahs Ansprache an die Männer: ‚Und wenn ihr fürchtet, nicht gerecht gegen die Waisen zu sein, so heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, zwei, drei oder vier; und wenn ihr fürchtet, nicht gerecht zu sein, (heiratet) eine oder was im Besitz eurer rechten (Hand ist).‘ (Sure 4,3)

Nun, herrscht Gerechtigkeit oder viel Unrecht in unserem Zeitalter? Es herrscht viel Unrecht. Wir fürchten tatsächlich, die Menschen würden ungerecht handeln … ‚Wenn ihr fürchtet, nicht gerecht zu sein, eine oder was im Besitz eurer rechten Hand ist.‘ .. Infolgedessen müssen wir (die Männer) entweder eine Ehefrau oder eine nach dem Prinzip des ‚Besitzes der rechten Hand‘ haben. Deshalb habe ich mein Buch genannt: ‚Das islamische System als Alternative für die Ehe‘.“

Riham Sa’id:

„Ich habe eigentlich die Religion (den Islam) nicht studiert, aber gibt es nicht einen anderen Koranvers, der besagt: ‚Ihr werdet nicht alle gerecht behandeln können‘?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Es gibt einen Koranvers, der besagt: ‚Und ihr könnt zwischen den Frauen keine Gerechtigkeit üben.‘ (Sure 4,129) Dies bezieht sich auf ein anderes Thema. D.h., wenn ein Mann mit zwei Frauen (gleichzeitig) verheiratet ist, kann er nicht beide Frauen völlig gleich behandeln.“

Riham Sa’id:

„Was bedeutet die Heirat des ‚Besitzes der rechten Hand‘ dann?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Der Koravers besagt: ‚…oder was im Besitz eurer rechten Hand ist‘ (Sure 4,3). Der Herr der Herrlichkeit spricht in seinem edlen Buch (dem Koran), er beschreibt uns, die Gläubigen und sagt, sie müssen: ‚ihre Schamteile bewahren; außer gegenüber ihren Gattinnen oder denen, die sie von Rechts wegen besitzen; denn dann sind sie nicht zu tadeln.‘ (Sure 23,5–6).

Das heißt, der ‚Besitz der rechten Hand‘ existiert. Dies ist gleich einer Heirat. ‚denn dann sind sie nicht zu tadeln‘ bedeutet, keiner darf diese Männer tadeln.

Nun, was bedeutet der ‚Besitz der rechten Hand‘, wie wurde dies praktiziert, welchen Bestimmungen unterlieg diese Praxis?

Ich werde Ihnen erläutern, wie die Heirat des ‚Besitzes der rechten Hand‘ zur Zeit des Propheten Allahs verlief. Danach werde ich Ihnen erklären, wie ich den ‚Besitz der rechten Hand‘ aus der Praxis während des Lebens des Propheten Allahs (Muhammad) abgeleitet habe.

… Als sich der Islam ausbreitete, fand er sehr viele Arten der sexuellen Beziehungen zwischen Männern und Frauen vor. Einige davon hat der Islam erlaubt, und andere hat er verboten. Unter dem, was der Islam damals erlaubt hat, sind verschiedene Arten der Heirat, wie die religiöse Ehe (die nicht gerichtlich registriert ist), die Ehe des Reisenden usw. Dazu erlaubte der Islam die Heirat des „Besitzes der rechten Hand“. Mein Herr (Gott) hat der Frau, die nach dem Prinzip des „Besitzes der rechen Hand“ heiratet, einiges erlaubt: Sie darf ihre Haare unverschleiert zeigen, dies ist keine Sünde, sie darf ihre Arme unbedeckt zeigen, dies ist keine Sünde und sie darf (ihre Beine) nur bis zu den Knien bedecken, dies ist keine Sünde.“

Riham Sa’id:

„Warum?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Die Frage ‚Warum?‘ müssen Sie unserem Herrn (Allah) stellen. Er hat dies erlaubt, nicht ich.“

Riham Sa’id:

„Nein, bitte sagen Sie nicht, unser Herr hat erlaubt. Denn andere werden Ihnen an diesem Punkt widersprechen.“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Sie können mir gerne widersprechen, wenn sie einen Beleg dagegen haben. Aber wenn sie keinen Beleg haben, werde ich sie (in der Debatte) besiegen.“

Riham Sa’id:

„Aber der Koranvers sagt dies.“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Was meinen Sie?“

Riham Sa’id:

„Ich kenne den Koranvers nicht auswendig.“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„O Prophet! Sprich zu deinen Frauen und deinen Töchtern und zu den Frauen der Gläubigen, sie sollen ihre Übergewänder reichlich über sich ziehen.“ (Sure 33,59)

Riham Sa’id:

„Nun, es gibt da die ganzen unterschiedlichen Auslegungen der Art und Weise der (in dem o.g. Koranvers) erwähnten Verschleierung …“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Dies bezieht sich auf die Art und Weise der Verschleierung der freien Frauen. Aber die Art und Weise der Verschleierung der Frau des ‚Besitzes der rechten Hand‘ ist wie die Art und Weise der Verschleierung des Mannes. Sie wird erklärt in der Aussage des Propheten (Muhammad), Allahs Segen und Heil seien auf ihm: ‚Was ein Mann verschleiern muss, ist was zwischen seinem Bauchnabel und seinen Knien liegt. Und was eine Sklavin verschleiern muss, ist das, was ein Mann verschleiern muss.‘ Hier wird die Sklavin genau wie ein Mann beurteilt. Die Sklavin ist der ‚Besitz der rechten Hand‘ …“

Riham Sa’id:

„Was ist mit den (Körperteilen), die über dem Bauchnabel liegen?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Sie müssen nicht verschleiert werden.“

Riham Sa’id:

„Muss nicht verschleiert werden?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Nein. Denn Die Aussage des Propheten Allahs (Muhammad) besagt: Was eine Sklavin verschleiern muss, entspricht genau dem, was ein Mann verschleiern muss.

Z. B.: Sie lassen gerade Ihre Haare, Hände und einen Teil von Ihrer Brust unverschleiert. Dies alles ist erlaubt für den ‚Besitz der rechten Hand‘. Aber dies ist verboten für die Frau, die kein ‚Besitz der rechten Hand‘ ist.

… Warum hat Allah es dem ‚Besitz der rechten Hand‘ erlaubt, aber allen anderen Frauen verboten? Kann es in unserer Zeit noch einen ‚Besitz der rechten Hand‘ geben?

.. Woher kamen die Frauen „der rechten Hand“ zu Lebenszeit des Propheten? Wenn damals die Muslime gegen ein Volk gekämpft und es besiegt hatten, haben sie Gefangene gemacht und die Frauen zum ‚Besitz der rechten Hand‘ genommen. Das war üblich unter den Arabern (auf der Arabischen Halbinsel) in der damaligen Zeit.

Das heißt, die erste Quelle ‚des Besitzes der rechten Hand‘ waren die Kriege … Die zweite Quelle entstand dann, wenn sie eine Frau und einen Mann als ‚Besitz der rechten Hand‘ erhielten und sie miteinander verheirateten und diese z. B. zehn Kinder bekamen. Dann würden die Eltern und Kinder als ihr ‚Besitz der rechten Hand‘ gelten.“

Riham Sa’id:

„Bedeutet der ‚Besitz der rechten Hand‘ das Sklaventum?“

Herr ‚Aun:

„Ja, zur damaligen Zeit, bedeutete es das Sklaventum …

Die dritte Quelle ist der Kauf. Man konnte auf einen Markt gehen, wo man Sklaven kaufen konnte … Diese drei Quellen des „Besitzes der rechten Hand“ sind im Judentum, Christentum und Islam erlaubt.

… Ein Mann konnte z. B. 10 Frauen auf dem Markt kaufen. Mit denjenigen, die ihm gefallen haben, hatte er Verkehr, genau wie mit seiner Ehefrau. Dies galt als erlaubt.“

Riham Sa’id:

„Und falls eine davon ein Kind von ihm bekam?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Dieses wurde als sein Kind betrachtet. Falls der Mann vor ihr starb, wurde sie frei. Aber falls er kein Kind von ihr bekam und er starb, wurde sie von seinem Sohn ererbt … Es gibt in unserer Zeit Märkte für den ‚Besitz der rechten Hand‘ in Mauretanien. Ich war in einigen der Vereinigten Arabischen Emirate und habe dort einige Frauen des ‚Besitzes der rechten Hand‘ in den Palästen der Prinzen gesehen …

Das Gesetz zum ‚Besitz der rechten Hand‘ war bis ungefähr 1900 gültig, bis es von den Vereinten Nationen verboten wurde. Hätten die Vereinten Nationen das Verbot nicht erlassen, würde es bis heute gelten.“

Riham Sa’id:

„Sie haben nicht den ‚Besitz der rechten Hand‘ verboten, sondern den Menschenhandel.“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Zum Menschenhandel wird auch das alte Prinzip des ‚Besitzes der rechten Hand‘ gezählt.

Während meines Studiums an al-Azhar habe ich das alles gelernt, was ich Ihnen gerade mitgeteilt habe. Ich habe gewusst, dass viele muslimische Frauen die Verschleierung ablehnen und den Schleier nicht tragen … Diese Frauen tragen die Schuld im Hinblick auf jeden, der sie unverschleiert sieht, weil sie unverschleiert sind. Nun, was verbietet solchen Frauen, zu ihren Ehemännern zu sagen: ‚Ich bin dein Eigentum (dein ‚Besitz der rechten Hand‘)‘, anstatt: ‚Ich bin mit dir nach dem Buch Allahs (dem Koran) verheiratet‘? … Entweder verschleiern diese Frauen sich oder erklären sich zum ‚Besitz der rechten Hand‘ (und bleiben unverschleiert).“

Riham Sa’id:

„Wenn ich ein ‚Besitz der rechten Hand‘ wäre, müsste ich nicht darauf achten, keine Männer in Versuchung zu führen?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Wie sind die Frauen ‚der rechten Hand‘ zur Lebenszeit des Propheten (Muhammad) herumgelaufen? Haben sie ihre Haare nicht unverschleiert gelassen? Doch … und das Gleiche galt während der Regierung von Abu Bakr (dem ersten Nachfolger Muhammads).“

Riham Sa’id:

„Das Verbot (unverschleiert zu sein) ist nach und nach eingeführt worden.“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Nein, das stimmt überhaupt nicht.“

Riham Sa’id: Z. B.:

„‚O ihr, die ihr glaubt, naht nicht dem Gebet, wenn ihr betrunken seid‘ (Sure 4,43). Er (Muhammad) hat den Menschen diese Sache (das Verbot der alkoholichen Getränke) stufenweise nahegebracht.“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Trotzdem hat eine Frau des ‚Besitzes der rechten Hand‘ zur Lebenszeit des Propheten (Muhammad) ihre Haare in der Öffentlichkeit nicht verschleiert, sie hat kurze Ärmel getragen usw. Dasselbe geschah während der Regierung von Abu Bakr (dem ersten Nachfolger Muhammads), und Uthman (des dritten Nachfolgers Muhammads).“

Riham Sa’id:

„Aus welchen Quellen zitieren Sie das?“

Abdur-Ra’uf ‚Aun:

„Das wird erwähnt in den Quellen der Sunna, wie in an-Nisa’i, ibn Madja, dass nämlich unser Herr Umar (der zweite Nachfolger Muhammads) draußen herumging, und wenn er einer Frau des ‚Besitzes der rechten Hand‘ begegnete, nahm er ihr das Kopftuch vom Kopf. Er hat Sklavinnen nicht erlaubt, ein Kopftuch zu tragen … Er hat zu ihr gesagt: ‚Ahme die freien Frauen nicht nach!‘

Ich möchte die freie Frau mit einer Frau des ‚Besitzes der rechten Hand‘ vergleichen. Die erste verschleiert sich in der Öffentlichkeit. Die zweite verschleiert sich nicht in der Öffentlichkeit. Falls Sie fragen wollen ‚Warum?‘, müssen Sie Ihre Frage unserem Herrn Umar stellen … Dies ist der Islam, Leute. Warum ärgern wir uns darüber? Das ist unser Islam.

(Anwortend auf die Frage, wie eine Frau, die als ‚Besitz der rechten Hand‘ gilt, sich während der Pilgerfahrt nach Mekka kleiden muss) Es reicht, wenn diese Frau die Körperteile zudeckt, die zwischen dem Bauchnabel und den Knien liegen.

Richten Sie sich nach der Überlieferung. Wenn diese Frauen (nur) die Partie zwischen dem Bauchnabel und dem Knie bedecken, können sie die Pilgerfahrt verrichten. Diese Überlieferung existiert in den authentischen Quellen des Islams (arab. as-Sihah).“

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=JynsYn8sZcs