Distanzierung von Gewalt allein reicht nicht aus
(Institut für Islamfragen, dk, 07.11.2020) Die freie Autorin Arzu Dagci beleuchtete am 6. November 2020 den Streit über die Mohammed-Karikaturen im Zusammenhang mit den Terroranschlägen in Frankreich, Wien und Deutschland.
Die Ermordung des französischen Lehrers Samuel Paty sei bereits die fünfte Terrorattacke mit islamistischem Hintergrund in Frankreich gewesen. Und auch das Attentat in der französischen Küstenstadt Nizza zwei Wochen später sei als islamistischer Terror eingestuft worden.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron habe die Verbreitung von Mohammed-Karikaturen nicht unterbunden. Stattdessen gehe er gegen islamistische Aktivitäten in Frankreich vor, um französische Werte und die Freiheit zur Religionskritik zu verteidigen. Damit zöge er viel Ärger in der muslimischen Welt auf sich.
Unter anderem in Pakistan, Bangladesch, Indien, Indonesien, der Türkei und im Libanon hätte es jüngst Demonstrationen gegen Macron gegeben, bei denen französische Flaggen oder Bilder des französischen Staatschefs verbrannt worden seien. Auch in europäischen Großstädten hätten muslimische Vereinigungen Proteste organisiert.
In Berlin hätten mehrere Protestaktionen stattgefunden, bei denen die Teilnehmer eine Entschuldigung Macrons verlangt hatten. Der deutsche Psychologe mit israelischen Wurzeln in Berlin, Ahmed Mansour, sähe das aber anders. Tatsächlich nütze seiner Überzeugung nach Macrons Ansatz den Muslimen mehr als dass er ihnen schade.
Laut Mansour hätten sich die Vertreter der Islam-Verbände zwar von den Gewalttaten distanziert, aber sie seien nicht bereit gewesen, den Islamismus als Nährboden des Terrors zu erwähnen. Sie seien auch nicht bereit, hinter der Meinungsfreiheit zu stehen und zu sagen, dass das, was der französische Lehrer getan hatte, völlig in Ordnung gewesen sei.
Macron aber habe genau das getan, nämlich den islamistischen Terror verdammt und gleichzeitig eine Reform des Islam angemahnt. Das werde ihm nun als unzulässige Generalisierung und Aggression ausgelegt, und zwar auch von Kommentatoren in Deutschland. Das sei aber falsch.
Die Terroristen mit ihrer Motivation seien die Verantwortlichen und die Opfer seien die Leidtragenden ihres Handelns, nicht umgekehrt. Das gelte für die Terroristen mit ihrer rechtsextremen Ideologie in Halle und Hanau und ebenso für die Terroristen mit ihrer islamistischen Motivation in Frankreich, Wien und Deutschland.
Der Islamismus oder der politische Islam sei zwar nicht mit Terror gleichzusetzen, aber er schaffe die Basis, auf der Islamisten ihre Ideologie aufbauten, so Ahmed Mansour. Hier müssten Inhalte auf jeden Fall reformiert werden. Als Muslim sei er überzeugt, dass solch eine Reform den Islam letztlich stärken würde.
Quelle: Artikel, Internet-Portal gmx.net, 06.11.2020 (https://www.gmx.net/magazine/panorama/ahmad-mansour-macrons-haltung-religion-staerken-35237208): „Streit über Mohammed-Karikaturen: Experte sieht Chance für besseres Zusammenleben“