Rücksicht auf die Schwachen auf der Erde und an den Rand Gedrängten ist Gebot des Islam
(Institut für Islamfragen, dk, 30.12.2020) Das deutschsprachige Fachmagazin „IslamiQ“ für die Themen Islam und Muslime in Deutschland und Europa brachte am 24. Dezember 2020 ein Interview mit der Junior-Professorin Dr. Muna Tatari über die in Kürze beginnende Corona-Impfung.
Dr. Tatari ist muslimische Theologin und Mitglied des Deutschen Ethikrates. Dieser beschäftige sich im Augenblick besonders intensiv mit den ethischen Herausforderungen, die sich aus dem Umgang mit der Corona-Pandemie ergäben. Sie betonte, dass für eine ethische Orientierung in einer multireligiösen und multikulturellen Gesellschaft, die – wie in Deutschland – auf Impulse aus den Religionen nicht verzichten möchte, gelte, dass diese Impulse der Religionen in eine säkulare Sprache übersetzt werden müssten. Denn nur so seien sie auch aus einer nicht-religiösen Perspektive nachvollziehbar und überprüfbar. Nur so könnten sie auch einen Debattenbeitrag leisten.
Für sie als muslimische Theologin könnte dies zum Beispiel an dem heutigen Begriff der vulnerablen Gruppen veranschaulicht werden, also alten Menschen, Menschen in Pflegeeinrichtungen und Menschen mit Vorerkrankungen. Theologisch könne sie diese Gruppenbeschreibung an den koranischen Begriff der „Mustadafûn fi -l Ard“ rückbinden, also die Schwachen auf der Erde und die an den Rand Gedrängten.
Auch im Blick auf die ethische Frage, ob und inwieweit man sich an die Einhaltung der Corona-Maßnahmen halten solle, habe der Islam eine Antwort. Denn der Mensch sei sowohl ein eigenständiges Individuum als auch jemand, der in ein Beziehungssystem (Dîn) eingebunden ist. Dieses System sei von wechselseitigen Rechten und Pflichten geprägt. Zudem würde sich der Dienst an Gott im Dienst am Menschen zeigen.
Quelle: Interview, IslamiQ, 24.12.2020 (https://www.islamiq.de/2020/12/24/muna-tatari-impfablehnung-ist-ethisch-problematisch/): „Corona-Impfstoff – Muna Tatari: „Impfablehnung ist ethisch problematisch“