Islam: Ist die Frau ungehorsam, darf der Mann sie züchtigen
B O N N (24. November 2004) – In Sure 4,34 des Korans heißt es: „Und wenn ihr befürchtet, dass eure Ehefrauen widerspenstig sind, dann ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie.“ Nach dieser Stelle kennt der Islam also durchaus das Recht des Mannes, seine Frau zu züchtigen, wenn sie ihm den Gehorsam verweigert. Auch weitere Überlieferungen über Muhammads Anweisungen bestätigen dies. Der zweite Kalif Umar soll zudem gesagt haben:
„Ein Mann wird nicht zur Verantwortung gezogen, wenn er seine Frau geschlagen hat.“
Liberale und westlich orientierte Muslime sind sich durchaus der Brisanz einer solchen Vorschrift im Kontext einer freiheitlich-demokratischen und rechtsstattlich geprägten Gesellschaft bewusst. Gerade in interkulturellen und interreligiösen Dialogen vertreten sie die Ansicht, es gehe bei dieser Stelle nur um eine Ermahnung, keine tatsächliche körperliche Züchtigung. Muhammad habe dem Mann höchstens ein leichtes Schlagen mit einem Tuch oder einer Feder erlaubt. Dagegen spricht der übliche Gebrauch und die eindeutig begrenzte Interpretationsfähigkeit des arabischen Begriffs „daraba“ („schlagen“). In der Überlieferung findet sich auch der Rat an den muslimischen Mann, eine Peitsche an seine Tür zu hängen, um die Frau auf diese Weise stets vor den Folgen eines möglichen Ungehorsams zu warnen. Eine Überlieferung von Abu Hurayra betont jedoch auch:
„Und die besten sind diejenigen unter euch, die ihre Frauen am besten behandeln.“
Das Züchtigungsrecht muss im Kontext der Geschlechterordnung des Islam gesehen werden. Zwar betonen muslimische Gelehrte die Gleichwertigkeit von Mann und Frau. Beide sind Geschöpfe Gottes, zur Einhaltung der religiösen Pflichten aufgefordert und beiden wird das Paradies in Aussicht gestellt. Jedoch leitet schon Muhammad aus der Verschiedenartigkeit der Geschlechter nicht nur unterschiedliche Aufgaben, sondern auch unterschiedliche Rechte und Pflichten ab. Der Wirkungskreis der Frau wird fast ausschließlich auf den häuslichen Bereich beschränkt, hier dient sie den männlichen Familienmitgliedern. Der Mann trifft alle Entscheidungen für sie, die Lebensbereiche außerhalb des Hauses betreffen – z.B. Kontakte, Bildung, Beruf.
Diese Verantwortung des Mannes, die Ehre der Frau und damit der ganzen Familie nach außen zu schützen, bedingt die Gehorsamspflicht der Frau und die Möglichkeit der Züchtigung bei Widerstand. Druck kann der Mann sowohl psychisch („Ermahnt sie, meidet sie im Ehebett“) als auch physisch („schlagt sie“) ausüben. Daher kann die Frau in islamischen Ländern auch nach einer möglichen Misshandlung durch ihren Mann wenig Hilfe von der Gesellschaft erwarten. Vielmehr gilt sie als schlechte Ehefrau, wenn ihr Mann scheinbar gezwungen ist, sie zu schlagen.
Sowohl der Koran als auch die Überlieferungen und deren Auslegungen durch die muslimischen Gelehrte gehen von einem dem Westen fremden Geschlechterge-rechtigkeit aus. Gleichwertigkeit führt im islamischen Denken nicht zwingend zur Gleichberechtigung. Die faktisch starke Abhängigkeit der Frau vom Wohlwollen ihres Mannes berührt nach muslimischer Ansicht nicht zwingend ihre Gleichwertigkeit. Gott hat ihnen demnach nur unterschiedliche Verantwortung gegeben, daraus resultieren geschlechterspezifische Freiheiten und Grenzen.
Buchtipp:
- Schirrmacher, Christine, Spuler-Stegemann, Ursula: Frauen und die Scharia. München 2004.
Nachdruck honorarfrei, Belegexemplar wird erbeten.