Wenn der Glaubenswechsel keine Privatsache ist
B O N N (24. Mai 2005) – Wie aktuelle Beispiele belegen, kann der Abfall vom muslimischen Glauben in vielen islamischen Ländern schwerwiegende Folgen haben.
Iran: Ex-Colonel droht Kreuzigung wegen Glaubensabfall
Im Iran droht Hamid Pourmand, einem ehemaligen Colonel der iranischen Armee, die Kreuzigung. Das berichtet der christliche Nachrichtendienst Compass Direct. Grund ist sein Abfall vom Islam vor 25 Jahren. Nach bereits drei Jahren Haft – für das angebliche Geheimhalten seiner Konversion vor der Armee – wird in diesen Tagen vor dem Scharia-Gericht auch der Vorwurf des Proselytismus verhandelt. Pourmand habe andere zum Abfall verleiten wollen, so die Anklage. Seinen Job in der Armee, sein Gehalt, seine Rentenansprüche und seine Familienwohnung hat Pourmand bereits verloren.
Kairo: Konvertit in Nervenklinik zwangseingeliefert
In Kairo kämpft der 30-jährige Geser Mohammed Mahmoud ums Überleben. Mahmoud wird derzeit in einer Nervenklinik festgehalten und dort nach Zeugenberichten gequält und gefoltert. Die zuständigen Ärzte sollen ihm gedroht haben, ihn erst beim Abschwören seines Glaubens und der Rückkehr zum Islam zu entlassen. Im Januar war es zur Zwangseinlieferung gekommen, nachdem seine Adoptiveltern erfahren hatten, dass er Christ geworden sei. Wer sich als Muslim von seinem Glauben abwendet, muss in den meisten islamischen Ländern um sein Leben fürchten. Dabei kommen die wenigsten Apostasiefälle vor Gericht. Der Abgefallene muss sich vielmehr vor einer regelrechten „Lynchjustiz der Gesellschaft“ fürchten, erklärt die Bonner Islamwissenschaftlerin Dr. Christine Schirrmacher. Er befinde sich in einem „Zustand der Vogelfreiheit“ ohne Rechtsschutz. Denn einen vom Islam Abgefallenen umzubringen, wird in Ländern mit islamisch beeinflusster Gesetzgebung wie Iran oder Ägypten, häufig nicht als Verbrechen betrachtet, auch wenn die übliche Bedenkzeit nicht gewährt oder gar ein anders lautendes Gerichtsurteil ergangen ist. Wegen Mordes kann der Täter nicht belangt werden.
Islam: Glaubensabfall ist Staatsverrat
Nach herrschender Meinung ist es nicht nur ein Recht, sondern sogar eine Pflicht jedes Muslims, die Abgefallenen umzubringen. Als Beweis reicht beispielsweise die Verweigerung des islamischen Bekenntnisses zu Allah und seinem Propheten aus. Die religiöse Legitimation sehen manche Rechtsgelehrte in Sure 4,88-89: Hier wird vor den Heuchlern gewarnt, die auch andere zum Abfall bewegen wollen. Die Aufforderung Mohammeds lautet:
„Und wenn sie sich abwenden, dann greift sie und tötet sie, wo immer ihr sie findet, und nehmt euch niemand von ihnen zum Freund oder Helfer.“
Eine Überlieferung lautet:
„Wer seine Religion wechselt, den tötet.“
Der Glaubensabfall ist aufgrund der engen Verquickung von Politik und Religion im Islam keine Privatsache, sondern Verrat an der muslimischen Gemeinschaft und dem muslimischen Staat. Der Staat ist zum Handeln aufgefordert. Bereits vor einem möglichen Prozess verliert der Abgefallene zumeist seine Arbeitsstelle, wird von der Familie verstoßen, seine Ehe für ungültig erklärt und sein Besitz konfisziert. Befindet er sich im Ausland, gilt er in seinem Heimatland als tot, seine Erben erhalten seinen Besitz. In Menschenrechtsdiskussionen wird dieser Punkt zumeist nicht offen thematisiert. Religionsfreiheit garantiert der Islam den nichtislamischen Minderheiten, nicht jedoch einem „Abtrünnigen“. Nur erschreckend wenige liberale Rechtsgelehrte vertreten eine modernere Auffassung, nach der auch ein Muslim seine Religion frei wählen kann.
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