Türkisches Oberverwaltungsgericht entscheidet zugunsten von christlicher Missionsarbeit

Institut für Islamfragen

Christlicher Radiosender in der Türkei wegen „Missionsarbeit“ verwarnt – Oberverwaltungsgericht hält das für Unrecht

(Institut für Islamfragen, mk, 24.06.2005) Das Aufsichtskomitee für das türkisches Radio und Fernsehen (RTÜK) hatte einem christlichen Lokalradio auf UKW in Ankara mit dem Vorwurf, dass der Sender christliche Missionsarbeit betreibe, eine Verwarnungsstrafe erteilt. RTÜK hatte die Strafe damit begründet, dass die Sendungen gegen die nationalen und geistigen Werte des Volkes und gegen die türkische Familienordnung gerichtet seien. Die Verantwortlichen des Radiosenders hatten dagegen beim siebten Verwaltungsgericht in Ankara Einspruch erhoben, was die Strafe aber bestätigte. Dessen Urteilsbegründung sprach von einer einseitigen christlichen Philosophie und einseitigen Motiven, die eine freie Meinungsbildung behindern würden.

Durch einen weiteren Einspruch der Verantwortlichen des Radiosenders war das Urteil beim Oberverwaltungsgericht anhängig, das jetzt dem Radiosender den Freispruch erteilte und das Urteil des untergeordneten Verwaltungsgerichtes aufhob. Begründet wurde der Freispruch damit, dass christlich missionarische Sendungen „keine Propaganda illegaler Tätigkeiten“ seien, sondern als „religiöse Information“ behandelt werden müßten. Der verantwortliche Richter, Erkan Demirtas, nahm in seiner Urteilsbegründung auf den neunten Paragraph des Europäischen Menschenrechtskatalogs Bezug, der Religions-, Meinungs- und Gewissenfreiheit in einem demokratisch regierten Volk garantierten. Demnach sei neben der eigenen Glaubensüberzeugung auch das Recht inbegriffen, seinen Nachbarn von diesem Glauben zu überzeugen. Demirtas fuhr fort:

„In dieser Freiheit sind nicht nur unschädliche oder von der Bevölkerung nicht niedergeschriebene, aber allgemein anerkannte Informationen und Meinungen enthalten, sondern auch schädliche, schockende oder unangenehme Meinungen sind darin ausdrücklich eingeschlossen. … Toleranz ist nötig in einem demokratischen Land.“

Demirtas gab weiter an, dass niemand in der Türkei gezwungen sei, diesen Radiosender zu hören, da es genug andere gebe. Außerdem würden in den Sendungen Angehörige anderer Religionen nicht herabgesetzt. Diese Sendungen als strafbare Handlung zu bezeichnen, wäre gegen das Gesetz, schloss Demirtas.

Quelle: www.hurriyetim.com.tr/haber/0,,sid~1@w~2@nvid~594328,00.asp

Kommentar des Islaminstitutes: RTÜK ist mit umfangreichen Machtbefugnissen ausgestattet und bringt regelmäßig große Fernseh- und Radiosender für Tage und Wochen zum Verstummen, wenn den Sendern z. B. der Vorwurf der Verbreitung von Pornographie oder Antitürkischem gemacht wird. Diese Gleichbehandlung von Sendern, die religiöse Inhalte verbreiten, ist erfreulich und man darf hoffen, dass dieses Urteil zu einem Umdenkprozess führt.