Türkei: Christen treffen auf steigendes Misstrauen

Institut für Islamfragen

Studie zeigt eine negative Entwicklung der Einstellung gegenüber Christen

(Institut für Islamfragen, mk, 06.10.2008) Von „Princeton Survey Research Associates International“ wurde eine Studie zu 24 Ländern durchgeführt, die die vergangenen 6 Jahre zum Untersuchungsgegenstand machte. Darunter waren 8 Länder mit überwiegend muslimischer Bevölkerung. In den islamisch geprägten Ländern (Nigeria, Tansania, Indonesien, Ägypten, Libyen, Jordanien, Türkei und Pakistan) sei demnach die Antipathie gegen Christen und Juden stark angestiegen. Besonders in der Türkei sei das in den letzten vier Jahren deutlich erkennbar, so die Studie. 2004 sahen 52% der Türken in der Türkei Christen in einem negativen Licht, während es im Jahr 2008 bereits 74% waren. Christen werden als selbstsüchtig, fanatisch, ehrlos und verdorben betrachtet. Damit ist die Türkei unter den genannten islamisch geprägten Ländern das Land, in dem man mit Abstand am negativsten über Christen denkt. Christen betrachten im Gegenzug dazu Muslime deutlich positiver, beurteilen jedoch das Problem der Gewaltbereitschaft bei Muslimen als negativ. Die Gruppierung der Juden wurden im Jahr 2008 von 76% der Türken negativ beurteilt. Damit steht die Türkei an viertoberster Stelle der Abneigungsskala. Es ist auch die Türkei, die von allen befragten 24 Ländern andere Länder am negativsten beurteilt. Bezüglich des Fastens im Monat Ramadan zeigt sich laut Umfrage, dass in der Türkei nur 20% den gesamten Ramadan über fasten, 60% die meiste Zeit, 9% an manchen Tagen und 9% kaum oder nie. Damit liegt die Türkei auf dem vorletzten Platz islamisch geprägter Länder, noch vor Pakistan, wo nur 16% angaben, die ganze Zeit zu fasten. 34% der befragten Türken in der Türkei halten ihre fünfmal tägliche rituelle Gebetszeit ein. 8% beten mindestens einmal am Tag, 20% gar nicht. 69% der Türken in der Türkei erkennen einen innerislamischen Kampf zwischen radikalen Islamisten und gemäßigten Modernisten. Ertugrul Özkök von der Zeitung „Hürriyet“ bemerkt dazu, dass aufgrund dieser Entwicklung die Türkei sich als Land erweist, das fanatischer und feindlicher gesonnen sei als andere Länder. Nur noch 15% der Türken in der Türkei seien Juden gegenüber positiv eingestellt, wohingegen die Türken in Deutschland immerhin zu 38% Juden gegenüber eine positive Einstellung hegten. Ähnliches gilt für die Einstellung Christen gegenüber: 16% in der Türkei stufen Christen heute noch positiv ein. In Ägypten sind es 48%, in Indonesien 64%, in Jordanien 61% und im Schariastaat Pakistan immerhin noch 27%. Damit ist die Türkei Spitzenreiter in der Negativeinstufung von Christen, verglichen mit allen anderen 24 Ländern, in denen diese Zahlen erhoben wurden. Özkök erinnert an europäische Medien, die die Auffassung vertreten, dass in der Türkei ein Hass gegen Christen heranwüchse. Muslime, die in Europa leben, sind Christen gegenüber eindeutig positiver eingestellt: in Deutschland sind es 69%, in Frankreich 91% und in England 71%. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenahang auch die weithin negative Einstellung der Türken in der Türkei Arabern gegenüber: nur 46% haben Araber gegenüber noch eine positive Einstellung. Der Leiter des staatlich-islamischen Religionspräsidiums (DIB), Ali Bardakoglu, ließ dagegen kürzlich in einem Fernsehauftritt in „TV8“ verlauten, dass die Türkei sich nicht in Bezug auf Religiosität und Laizismus verändert habe. Alles sei beim Alten geblieben. Er fuhr mit seinen Äußerungen dahingehend fort, dass in den Großstädten heute viele verschiedene Menschen leben. Für ein gutes Zusammenleben seien deshalb Liebe und Wissen über den anderen nötig. Bardakoglu sagte außerdem, es sei nicht richtig, wenn Muslime nur ihren eigenen Vorteil suchten und der Welt den Islam gewaltsam überstülpten. Kein Wunder, so Bardakoglu, wenn dann der Westen von der harten Natur des Islams spricht.

Quelle:

  • www.milliyet.com.tr/Dunya/HaberDetay.aspx?aType=HaberDetay&ArticleID=993478&Date=11.09.2008&Kategori=dunya&b=Intihar%20saldirilarina%20destek%20yuzde%203e%20dustu
  • arama.hurriyet.com.tr/arsivnews.aspx?id=4711681
  • www.internethaber.com/news_detail.php?id=157300
  • www.radikal.com.tr/Default.aspx?aType=Detay&ArticleID=899764&Date=22.09.2008&CategoryID=77

Kommentar: Über die Gründe für die zunehmende Negativbeurteilung gegenüber Christen in der Türkei können nur Vermutungen angestellt werden. So haben verschiedene Medien in den letzten Jahren Warnungen von Politikern und einigen Mitgliedern der Armeeführung veröffentlicht, die Christen am Werk sehen, die die Türkei untergraben, spalten und unterjochen wollen. Vielleicht ist die negative Stimmung gegen Christen in der Türkei auch Ausdruck der Enttäuschung bei der türkischen Bevölkerung darüber, dass die Europäische Union die Türkei trotz aller Bemühungen bisher nicht in ihren Kreis aufgenommen hat.