Türkei: Christliche Mission erlaubt, aber vom Staat als große Gefahr eingestuft

Institut für Islamfragen

„Piratenkirchen“ in Privatwohnungen gefährden das Land

(Institut für Islamfragen, mk, 28.01.2008) Nach dem Mord am Priester Andrea Santoro in Trabzon, dem Mord an dem armenischen Journalisten Hrant Dink, den drei Morden an protestantischen Christen im Zirveverlag in Malatya, der Entführung des Priesters Edip Daniel in Midyat, dem durch Messerstiche verwundeten Priester Adriano Tranchini bei Izmir und einem durch den türkischen Geheimdienst dieser Tage verhinderten Mordversuch an einem türkischen evangelischen Pastor in Antalya ist es laut liberaler türkischer Tageszeitung „Radikal“ nötig, die Haltung des Staates gegenüber Christen neu zu diskutieren.

Sowohl der türkische Geheimdienst „MIT“ (Milli Istihbarat Teskilati), die türkische Armee „TSK“ (Türk Silahli Kuvvetleri) als auch die Sicherheitskräfte der Polizei haben mehrfach die christliche Missionsarbeit öffentlich in den Medien thematisiert. Dabei habe sich trotz intensiver Verfolgung keine Straftat auf Seiten der Christen gezeigt. Missionsarbeit sei nicht einmal als „Fehler“ einzustufen, so die Zeitung „Radikal“.

Nach Auskunft von „Radikal“ habe der türkische Geheimdienst in einem Bericht vom 24.04.2006 hervorgehoben, dass es seit dem 19. Jhd. verschiedene Stiftungen und Schulen gäbe, die in der Türkei christliche Missionsarbeit betreiben. Missionare seien auch bei der Spaltung des Landes aktiv gewesen. Heute seien Armenier, die Gemeinschaft der Kirchen in Europa, die Orthodoxe Allianz und die Allianz der Weltkirchen am Werk. Selbst Südkoreaner, die mit der Türkei durch gemeinsame Kriegserlebnisse stark verbunden seien, missbrauchten diese positiven Gefühle der Türken ihnen gegenüber für christliche Missionsarbeit. Immer wieder würden türkische Landesteile als Gebiete der Yeziden, Keldaner, christlichen Kurden, Armenier, Pontus und selbst die Westküste als alte christliche Gebiete benannt. Dem Bericht nach seien von 1998 bis 2001 acht Millionen Neue Testamente im Land verteilt worden. In Istanbul wurden demnach christliche Radiostationen und Verlage eröffnet, die christliche Propaganda betrieben. Dabei seien Landkarten gefunden worden, die als Spaltung der Türkei verstanden werden. Eine monatlich erscheinende christliche Zeitung „Kapsam“ arbeite gegen den Islam. Allein in Istanbul haben dem Bericht zufolge 19 neue Gemeinden in einem Jahr ihre Pforten geöffnet, ohne dass in dem Gebiet der Kirchen Christen wohnen würden. Missionsarbeit würde vor allem unter Abiturienten, Studenten und Armen vorangetrieben, indem mit Geldversprechen für den christlichen Glauben geworben würde, so der Geheimdienstbericht.

Von den Sicherheitskräften der Polizei wurde ein Bericht zum Thema Missionsarbeit an die Sicherheitskonferenz (Milli Güvenlik Kurulu) der Türkei geschickt. Darin heißt es, dass es in den letzten Jahren einen großen Anstieg an „Piratenkirchen“ (korsan kiliseleri) in Privathäusern gebe.
Auch die türkische Armee wertet die christliche Mission in der Türkei als Staatsgefährdung und hält das in einem Bericht vom 20.09.2006 fest. Darin warnt sie die AKP-Regierung Erdogans vor dieser Gefahr und ruft dazu auf, neue Gesetze zu erlassen, um die weitere Ausbreitung zu verhindern. Die Armee behauptet im Bericht, dass es Missionaren nicht nur darum gehe, Muslime zu Christen zu machen, sondern dass Missionare auch die geopolitische Situation beeinflussen würden. So seien Missionare auch im Südosten unter Kurden und Aleviten aktiv, um bis 2020 10% der Türkei zu christianisieren. Missionare würden besonders unter Minderheiten arbeiten, unter Jüngeren, diejenigen, die durch Erdbeben, Flut und andere Naturkatastrophen betroffen seien. In Hauskirchen würde bei Menschen Gehirnwäsche betreiben, so der TSK-Bericht. In den staatlich registrierten 269 Kirchen und 34 Synagogen sei die freie Glaubensausübung von Nichtmuslimen ausreichend möglich, so will der Bericht wissen, und Piratenkirchen von Missionaren in kleinen Büros und Privathäusern, die als „Zentren von Gehirnwäsche“ gebraucht würden, seien zu beobachten.

Quelle: www.radikal.com.tr/haber.php?haberno=242289

Kommentar: Zur Beschwerde des türkischen Geheimdienstes über die Veröffentlichungen der christlichen Verlage ist anzumerken, dass diese Verlag doch kein einziges Buch veröffentlichen können, ohne vorher eine staatliche Genehmigung erhalten zu haben. Bei der unglaublichen Zahl von 8 Millionen Neuen Testamenten, die in drei Jahren verteilt worden sein sollen, hat sich vermutlich ein dreistelliger Zahlenfehler eingeschlichen.