Laut Gutachten zeigt sich in dieser Eheform die Flexibilität des islamischen Gesetzes, daher wird sie als legal betrachtet
Von dem offiziellen staatlichen Rechtsgutachter Ägyptens Dr. Ali Djum’a
(Institut für Islamfragen, dh, 06.05.2009)
Frage:
„Wie ist die so genannte ‚Ehe des Durchreisenden‘ islamisch zu bewerten?“
Antwort:
Dr. Ali Djum’a hat in einer offiziellen Publikation am 16.04.09 erklärt, dass die so genannte „Heirat des Durchreisenden“ aus islamischer Sicht legal ist, wenn sie bestimmte Bedingungen berücksichtigt. U. a. sagte Dr. Djum’a:
„Das Rechtsgutachtergremium [Ägyptens] hat eine theologische Fachstudie mit Hilfe präziser, wissenschaftlicher Forschungsmethoden und exakter, anerkannter, Prinzipien zur ‚Ehe des Durchreisenden‘ durchgeführt. Die Studie zeigt, dass diese Art Ehe aus islamischer Sicht legal ist und gar keinen Verstoß [gegen den Islam] beinhaltet. Dies gilt [nur], wenn diese Heirat die wesentlichen Bedingungen und Bestimmungen berücksichtigt, die vom Forschungsausschuss der al-Azhar Moschee [in Kairo/Ägypten] am 31. Mai 2007 gebilligt wurden. Diese Art Ehe wurde damals als eine Heirat definiert, die über die Grundlagen einer [anerkannten] Heirat verfügt. Diese [Definition] wurde in einem [offiziellen] Dokument von einer Fachperson erfaßt.“
Dr. Ali Djum’a bestätigte, dass die „Ehe des Duchrreisenden“ keine Entwürdigung der Ehefrau oder des Ehemannes sei:
„Diese Art Ehe beinhaltet die Vereinbarung des Ehepaars – sei dies in dem Ehevertrag notiert oder nicht – dass der Ehemann mit seiner Ehefrau nicht zusammen wohnt, sondern [nur] zu ihr kommt, wenn es ihm möglich ist. Diese Ehe verfügt über alle [notwendigen] Grundlagen für eine Ehe. Diese Ehe verstößt in keiner Weise gegen die Würde der Frau, des Mannes oder gegen die Menschenrechte. Im Gegenteil, diese [Form der Ehe] zeigt die Flexibilität des heiligen [islamischen] Gesetzes und verdeutlicht, dass es in der Lage ist, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, jeweils orientiert an der Zeit und der Situation der [betroffenen] Personen und Orte. Dies geschieht durch die Schaffung von Lösungen, die [die Menschen] von psychischer Bedrängnis, juristischem Verstoß oder gesellschaftlicher [negativer] Reaktion bewahren. Offensichtlich zeigt dies [die Legalisierung der ‚Ehe des Durchreisenden‘] die Flexibilität der islamischen Rechtswissenschaft [arab. fiqh] sowie die Tatsache, dass sie fähig ist, passende Lösungen für wechselnde soziale Veränderungen zu finden.“
Quelle: www.alarabiya.net/articles/2009/04/16/70794.html
Kommentar: Die Bezeichnung „Ehe des Durchreisenden“ beruht hauptsächlich auf dem arabischen Verb „yasiru“. Es bedeutet so viel wie „passieren, vorbeifahren, vorüber gehen“. Es meint hier einen Ehemann, der sich mit seiner Frau gelegentlich trifft, und zwar nur, wenn er an ihrem Wohnort vorbei kommt, also durch ihren Wohnort „durchreist“. Es handelt sich hier um eine Form der Ehe, bei der die Ehepartner keinen gemeinsamen Wohnsitz haben und die Ehepartner sich nur gelegentlich treffen.
Mittlerweile gibt es vor allem im Internet Webseiten, die sich auf diese Art Ehe spezialisiert haben. Diese bieten u. a. anonyme Heiratsanzeigen von Männern und Frauen an, die eine „Ehe des Durchreisenden“ [arab. zauadj al-misyar] beabsichtigen. Die bekannteste Webseite ist www.msyaronline.com. Sie bietet viele solche Anzeigen und Berichte über Ehepaare, die diese Art Ehe geschlossen haben und damit sehr zufrieden sind. Dazu bietet diese Webseite Begründungen zur Rechtfertigung dieser Art Ehe aus islamischer Sicht.
Quelle: www.msyaronline.com über die „Ehe des Durchreisenden“
„Beschluss des gesetzgebenden Ausschusses [Saudi-Arabiens] in seiner achtzehnten Sitzung ‚Menschen haben in unserer Zeit moderne Formen der Ehe geschlossen wie z. B.:
– Eine Eheschließung, in der die Ehefrau auf eine gemeinsame Wohnung, den Unterhalt [den sie in einer regulären Ehe von ihrem Ehemann erhält; arab. nafaqa] und das Teilen [der Ehemanns mit einer anderen Frau oder anderen Frauen, arab. qisma] ganz oder zu Teilen verzichtet. Sie äußert ihre Bereitschaft dazu, dass ihr Ehemann zu jeder Tages- oder Nachtzeit kommen kann.
– Eine Eheschließung, in der die Ehefrau weiter in der Wohnung ihrer Eltern wohnt. Das Ehepaar trifft sich in der Wohnung der Eltern der Ehefrau oder an einem anderen Ort, wann es möchte, weil es keine gemeinsame Wohnung hat. Die Frau erhält keinen Unterhalt. Diese beiden Eheformen sind [aus islamischer Sicht] legal, solange sie über die [notwendigen] Grundlagen und Bedingungen der Ehe verfügen und keine Verstöße dagegen beinhalten.‘„„Seine Prominenz, Scheich Abdul-Aziz Ibn Baz, hat die Richtigkeit dieser Eheform bestätigt, wenn sie die Grundlagen und Bedingungen der [vorgeschriebenen islamischen] Ehe erfüllt, z. B. zwei Zeugen, einen Vormund [für die Frau], das Einverständnis der Ehewilligen besitzt u.a. m. Die Frau darf auf alle oder einige ihrer vom Islam anerkannten Rechte verzichten; z. B. auf den Unterhalt [arab. nafaqa], die gemeinsame Wohnung, das Teilen des Ehemanns mit anderen Frauen [d. h. sie kann auf ihren Anspruch verzichten, dass der Ehemann bestimmte Nächte bei ihr verbringen muss]. Es wurde in den zwei höchst authentischen Überlieferungssammlungen [arab. as-sahihain] überliefert, dass Sauda [eine der Ehefrauen Muhammads] ihren Tag [des Besuchs Muhammads, der ihr turnusmäßig zugestanden hätte] Aischa [der jüngsten Ehefrau Muhammads] schenkte. [Laut der Überlieferung verbrachte Muhammad bei jeder seiner Frauen einen Tag, ausgenommen Aischa, bei der er doppelt so viele Tage als bei seinen anderen Frauen verbracht hat. Eines Tages wollte Muhammad eine seiner Frauen, namens Sauda, verstoßen. Sie verzichtete auf den gemeinsamen Tag mit Muhammad. Dieser Tag wurde Aischa zugeteilt. Aufgrund dessen behielt Muhammad Sauda als Ehefrau]. Wäre dieser Verzicht [auf gemeinsame Tage bzw. Nächte mit dem Ehemann] illegal, wäre er nicht von Allahs Propheten gestattet worden.“
Quelle: www.msyaronline.com/about_mesyar.php