Rezension: The Islamist: Why I joined radical Islam in Britain, what I saw inside and why I left

Dr. Dietrich Kuhl

Ed Husain. 2007. The Islamist: Why I joined radical Islam in Britain, what I saw inside and why I left. Penguin Books: London, 290 S., 14.45 € / GBP 8.99.

Dieses Buch ist spannend: Es ist ein Protest gegen den politischen Islam und den Islamismus. Ed (Abkürzung für Mohamed) Husain, ein junger Brite indischer Abstammung, erzählt detailliert, engagiert und ehrlich, warum er den traditionellen, vom Sufismus geprägten Islam seiner Eltern verließ und zum Aktivisten in islamistischen Organisationen in Großbritannien wurde. Nach fünf Jahren erkennt er den Irrtum seiner Überzeugungen und Aktivitäten. Das Buch ist fesselnd und kommt zur rechten Zeit. Es antwortet auf die Frage: Warum werden junge britische Muslime Extremisten?

Ed Husain erklärt das Leben, die Taktiken und die Trainingsmethoden islamistischer Organisationen in Großbritannien. Faktoren, die ihn bewegen, sich islamistischen Organisationen anzuschließen, sind u.a.: Er leidet in der Schule unter Mobbing und lehnt die (aus islamistischer Sichtweise verfassten) Textbücher für Religion an seiner Schule ab. Hinzu kommt seine Freundschaft mit jungen, hilfsbereiten Islamisten und die geschickten Rekrutierungsmethoden islamistischer Organisationen, die den Idealismus und die Begeisterungsfähigkeit junger Menschen ausnutzen. Weitere Faktoren sind sein jugendliches Bedürfnis, sich abzugrenzen, und eine Portion Rebellion; die Attraktivität islamistischer Propaganda; die Erfahrung von Diskriminierung; die Radikalisierung junger Muslime in Großbritannien durch die Massaker an Muslimen Anfang der 90er Jahre auf dem Balkan und der weit verbreitete Einfluss des Islamismus in britischen Moscheen.

Mohamed M. Husain (geboren 1975) wird in der Jamat-e-Islami und in der „Young Muslim Organization UK“ (YMO) in East London aktiv und schließt sich später der Hizb ut-Tahrir an. Die Jamat-e-Islami wurde 1941 von dem pakistanischen Journalisten Abul Ala Mawdudi (1903-1979) gegründet. Er kämpfte für einen hoch politischen Islam, der zudem stark anti-westlich gefärbt war. Die Jamat-e-Islami tritt dafür ein, dass Muslime den Islam nicht nur als persönliche Religion ausleben, sondern dass der Islam und islamische Bestimmungen ihr gesamtes Leben prägen. Diese Ziele können aber nach der Überzeugung Mawdudis nur erreicht werden, wenn es gelingt, einen islamischen Staat zu gründen. Die Hizb ut-Tahrir lehrt ihre Aktivisten, dass britische Politik, die Königin und Demokratie Menschenwerk sind und durch Politik und Gesetz Allahs ersetzt werden müssen („Allah’s law in Allah’s land“). „Der Islam ist eine revolutionäre Lehre und System, der Regierungen stürzt; ja, er will die universale soziale Ordnung stürzen“ (so Mawdudi in The Islamist, S. 36) und durch eine islamische Ordnung ersetzen. Der organisierte Kampf dafür sei der einzige Weg, um Allah zu gefallen.

Der andere islamistische Vordenker, den viele junge, britische Muslime lesen und absorbieren, ist Sayyid Qutb, Chefideologe der ägyptischen Muslimbruderschaft. Präsident Nasser ließ ihn 1966 wegen revolutionärer Umtriebe hängen. Sein einflussreichstes Buch Milestones wurde 2006 wieder neu in Birmingham herausgegeben. Qutb hat Mawdudis Paradigma aufgenommen und weiter entwickelt. Mawdudis Plan, durch demokratische Parlamentswahlen die Macht im Staat zu übernehmen, ersetzte Qutb durch Revolution und Staatsstreich. Der Islam ist die endgültige Lösung für alle Übel der Welt. „Allah ist unser Herr. Muhammad ist unser Führer. Der Koran ist unser Grundgesetzt. Dschihad ist unser Weg. Das Martyrium ist unsere Sehnsucht“ (Hasan al-Banna, Gründer der Muslimbruderschaft in Ägypten) wurde zum Motto junger, britischer Muslime.

Ed Husain wechselte später von der YMO UK (Jamat-e-Islami) zur Hizb ut-Tahrir. Der Palästinenser Taqiuddin al-Nabhani (1909-1977) hatte sie 1952/53 gegründet. Die Hizb ut-Tahrir hat letztlich zum Ziel, die gesamte gegenwärtige Weltordnung zu vernichten und sie durch eine islamische Ordnung zu ersetzen, das Kalifat der muslimischen Umma. Die soll in drei Phasen geschehen: in der „geheimen Phase“, „der offenen Phase“ und schlussendlich durch militärische Mittel.

Mohamed Husain nahm an den wöchentlichen Trainingsstunden der geheimen Zellen der Hizb teil. Trainingsziele waren ein kompromissloser, disziplinierter und offen konfrontativer Debattierstil in Universitäten und muslimischen Veranstaltungen; die Fähigkeit, lokale Angelegenheiten mit globalen, muslimischen Sorgen, Nöten und Klagen zu verbinden; die Manipulation muslimischer Emotionen und die Mobilisierung von Muslimen, um islamische Anliegen und die Hizb zu unterstützen. Hizb-Aktivisten sind in wirkungsvolle Netzwerke integriert und zur vollen Verschwiegenheit verpflichtet. Sie sind trainiert, die Medien wirkungsvoll für ihre Ziele einzusetzen. Hizb ut-Tahrir reagiert schnell und effektiv auf internationale, muslimische Anliegen durch das sofortige Drucken und Verteilen von Zehntausenden von Handzetteln, Stickern, Postern und Pressemeldungen.

„Als Islamist habe ich alle Menschen nur nach ihrer Religion eingeteilt, alle Nicht-Muslime waren für uns minderwertig“ (Ed Husain, S. 130).

Nachdem ein junger Christ von einem Hizb ut-Tahrir Aktivisten erstochen wurde, wurde Mohamed Husain nachdenklich. Welches Menschenbild hatte die Hizb und was für Menschen wurden da geformt? Durch sein Studium der Geschichte hatte er Vergleichsmöglichkeiten. Er zog sich langsam von der Hizb ut-Tahrir zurück, schloss sein Studium ab, heiratete und fand endlich seinen Frieden im Sufismus. Er studierte mehrere Jahre Arabisch in Syrien und in Saudi Arabien, um arabische Quellen im Original lesen zu können, während seine Frau Faye Englisch am British Council unterrichtete. Er trat der Labour Partei bei, arbeitet nun an seiner Doktorarbeit in Oxford und ist überzeugt, dass moderate Muslime sich gegen die Geiselnahme des Islam durch den Islamismus und ihre destruktive Agenda zur Wehr setzen müssen.