Bildungsarbeit und Medien sind Werkzeuge des charismatischen Predigers Fethullah Gülen
(Institut für Islamfragen, mk, 12.04.2009) Die linksorientierte Internetseite Ortakhaber kommentiert das 30-jährige Jubiläum des Monatsmagazins Sizinti, das im Februar 1979 von dem islamischen Prediger Fethullah Gülen gegründet wurde. Gülen gilt als Erneuerer des Islams in der Türkei mit einer nicht zu unterschätzenden Breitenwirkung. Sizinti könnte mit „Durchsickern“ übersetzt werden. Inhaltlich geht es dem Magazin darum, die verborgene Wahrheit des Islam ans Licht zu bringen. Nach 1980 wurde das Magazin zusammen mit der ebenfalls Gülen zugehörigen Tageszeitung Zaman kostenlos in Wohnhäusern auf Treppenabsätzen, in Universitäten und Schulen, aber auch in den Wartezimmern von Arztpraxen ausgelegt.
Gülen gehört dem islamischen Nurcu-Orden an, dessen 12. Leiter er 1970 wurde. Der charismatische Prediger sprach viele junge Muslime an, selbst der spätere Präsident der Türkei, Turgut Özal, gehörte zu seinen Zuhörern. Gülen und seiner Bewegung geht es darum, die Gesellschaft neu mit dem Islam zu durchdringen. Dazu benutzt er Zeitungen, Magazine und Fernsehsender wie Samanyolu sowie Ausbildungsstätten. Gülen wirbt intensiv um die Jugend. Er bittet türkische Eltern darum, ihre Kinder auf die von ihm gegründeten Privatschulen zu schicken:
„Wenn Sie ihre Kinder kostenlos und an die Werte unseres Volkes gebunden lernen lassen möchten, dann schicken Sie sie zu uns.“
Sein Ziel ist es, Menschen mit seiner Weltsicht bekannt zu machen, um über die Jahrzehnte die Gesellschaft mit seiner Lehre zu durchdringen. Die Organisation vergibt insbesondere an wenig wohlhabende Eltern begabter Kinder und Jugendliche Stipendien für besagte Schulen. Dahinter stehen finanzkräftige islamische Gruppen und Wirtschaftszweige.
Gülen ist für seine gefühlsmäßig ausgerichteten Predigten in den Moscheen bekannt. Er wird von seinen Millionen Anhängern in der Türkei und im Ausland als eine Person angesehen, die der menschlichen Ebene fast schon enthoben ist. In Ortakhaber heißt es:
„Ihr seid unrein und in Sünde aufgesogen. Aber er, der Leiter, er steht weit über euch, so hoch oben, wie ihr nie kommen werdet. Er ist ein Mensch, der euch Nachricht von der anderen Seite [des Seins] bringt.“
In Gülens Veröffentlichungen geht es um den Kampf gegen den Kommunismus, den Darwinismus, die Evolution, die Gottlosigkeit und alles Antiislamische. Nichttürkische Lieder in den Medien werden von Gülen-Sprachorganen als „1001 tödlicher Wein auf den Lippen“ bezeichnet. Seine Lehre soll die letzte Erweckung des Islam bewirken. Dabei sind die von ihm und in seinen Medien gebrauchten Worte oft mehrdeutig, ja werden bewusst unklar gehalten, erschließen sich aber dem Insider als Systemkritik durch die der Bewegung eigene Sprache.
Nach Bericht von www.ortakhaber.com wandte sich mittlerweile eines der 12 Gründungsmitglieder der Gülenbewegung ab. Sein Name wird her mit Nurettin Veren angegeben. Er sagte, dass Gülen von den Gründern verlangt hatte, bis zu ihrem 50. Lebensjahr ehelos zu bleiben und dann auch nur Frauen zu heiraten, die sich von Kopf bis Fuß einschließlich der Hände islamisch bedecken. Gülen selbst blieb ehelos und soll Frauen nicht mit Handschlag begrüßen.
Quelle: www.ortakhaber.com/v2/haberler/templates/haber.asp?articleid=2641&zoneid=9&y=
Kommentar: Noch 1990 konnte man in Gülens Tageszeitung Zaman viel Negatives über die neugegründeten protestantischen Gemeinden in der Türkei lesen, so z. B., dass sie eine staatsfeindliche Unterwanderung betrieben. Solche Vorurteile finden sich in seinen heutigen Publikationen nicht mehr. Gülen lebt derzeit im Exil in den USA und erfreut sich der christlichen Freiheit und Umgebung, die er in der islamisch dominierten Türkei und besonders bei der türkischen Armee nicht fand. Gülen möchte offensichtlich, dass der über Jahrzehnte durch den Laizismus unterdrückte Islam in der Türkei endlich zu seinen Quellen zurückfindet und neue Kraft entwickelt. Auch in Deutschland sind Gülens-Gruppen aktiv.